„Das ganze Album ist voll großartiger Musik, von der uns einiges wirklich inspiriert hat“, sagt Pianistin Isata Kanneh-Mason gegenüber Apple Music. „Ich denke, das passt sehr gut zum Titel ‚Muse‘.“ Stimmt: Sowohl die Cellosonaten von Samuel Barber und Sergei Rachmaninow als auch die Liedarrangements (eines der Lieder heißt „The Muse“) passen perfekt zu Isata und ihrem Cello spielenden Bruder Sheku – doch der Titel des Albums bezieht sich ebenso sehr auf die beiden als Musiker:innen. Schließlich ist eine Muse oft eine Person, die das Beste in einem Menschen wecken kann. Als Teil einer der begabtesten Musikerfamilien der Welt treten Isata und Sheku seit ihrer frühesten Kindheit gemeinsam auf – und haben sich gegenseitig zu neuen Höhenflügen animiert. „Das Gros des Repertoires, das ich für Cello und Klavier gespielt habe, habe ich immer mit Isata gespielt“, sagt Sheku. „Es war eine große Inspiration, so viele Jahre mit Isata spielen zu können.“ „Wir kennen das Spiel des:der anderen sehr gut“, fügt Isata hinzu, „daher besteht eine gewisse Vertrauensbasis. Natürlich müssen wir gemeinsam an der Musik und an den Details arbeiten, aber es gibt keine Stolpersteine beim Spielen.“ Die Musik auf diesem aufregenden Album – Shekus und Isatas Debüt als Duo – stellt das Klavier genauso in den Vordergrund wie das Cello. Kein Wunder bei dem russischen Komponisten Rachmaninow, der vielen als der beste Pianist des 20. Jahrhunderts gilt. Die vorliegende Barber-Sonate hingegen verdankt ihre herzergreifende Romantik und unwiderstehliche Vitalität sicher auch der Tatsache, dass sie von dem damals 21-jährigen US-Komponisten geschrieben wurde, als er noch an einer Musikhochschule in New York studierte. „Wir haben uns viele Rachmaninow- und Barber-Stücke angeschaut, und sie alle schienen gut auf dem Cello zu funktionieren“, stimmt Sheku zu. „Es ging also darum, unsere Lieblingsstücke auszuwählen und auch eine Vielfalt an verschiedenen Charakteren und Stilen zu präsentieren.“ Lies weiter und erfahre, was die Geschwister über ihre Lieblingsstücke sagen. Cello Sonata, Op. 6 Sheku Kanneh-Mason (SKM): Eigentlich ist die Sonate gar nicht so lang, aber man hat das Gefühl, dass unglaublich viele Details in ihr stecken. Es gibt keine Sekunde, in der nichts Dramatisches passiert. Sie bewegt sich immer irgendwo hin oder steuert auf einen Höhepunkt zu. Die Höhepunkte selbst halten nie sehr lange an – sie wachsen an und klingen sehr schnell wieder ab. Barber ist harmonisch äußerst einfallsreich und differenziert, und in der Mitte des zweiten Satzes experimentiert er mit komplizierten Rhythmen und Noten. Aber dann gibt es da auch diese wunderbaren romantischen Melodien. Lieder von Samuel Barber Isata Kanneh-Mason (IKM): Wir kannten diese Stücke nicht, bis wir anfingen, Lieder für dieses Album zu suchen. Sie sind also neu für uns und sie sind wunderschön. Was ich an ihnen mag, ist, dass sie sehr, sehr kurz sind. Barber bringt den Charakter eines jeden Stücks sofort auf den Punkt. Er braucht nicht mehr als zwei oder drei Minuten, um eine ganze Welt zu erschaffen. Wir haben die Texte gelesen und versucht, dieses Gefühl in die Lieder zu bringen, auch wenn wir natürlich keinen Gesang haben. So drückt der Text von „Sure on This Shining Night, Op. 13 No. 3“ eine tiefe Liebe und Wertschätzung für die Natur aus. Das ist an den langen, repetitiven Klavierakkorden hörbar. Es klingt sehr „weitläufig“. Die anhaltenden Töne im Cello geben dem Ganzen ein ehrfürchtiges Gefühl. Lieder von Sergei Rachmaninow IKM: Die Rachmaninow-Lieder sind unglaublich poetisch – die englische Übersetzung kann dem nicht gerecht werden! Vor allem in „The Muse“, dem Titel des Albums, sind die Gefühle so lebendig, dass man eigentlich gar nicht wissen muss, worum es geht. Rachmaninows Umgang mit der Harmonie in diesem Lied ist wirklich unglaublich. Diese Übergänge zwischen den Akkorden hörst du sonst nirgendwo. Sie sind sehr überraschend, aber sie funktionieren wirklich. Und der Song transportiert ein so nostalgisches Gefühl. SKM: Diese Songs sind so vielfältig und gewaltig. „The Muse“ ist einfach traumhaft, wie es mit dem plätschernden Klavier beginnt. Es ist, als ob du in eine Traumwelt eintrittst. Und genauso endet es auch – du machst also diese fantastische Reise durch eine unglaublich detaillierte und reichhaltige Welt, und dann endet es einfach, fast so, als wäre nichts passiert. Cello Sonata in G Minor, Op. 19 IKM: Die Rachmaninow-Sonate war eine meiner größten Inspirationen, als ich aufwuchs. Sheku und ich kennen sie schon seit unserer Kindheit, und sie war immer das Stück Kammermusik, das ich am liebsten gespielt habe, wenn es um Cello- und Klaviersonaten ging. Ich weiß noch, dass ich bei meinen ersten Auftritten immer das Gefühl hatte, dass ich nach jedem einzelnen Satz eine lange Pause brauchte, weil jeder Satz wie eine Sinfonie ist, sowohl was die Emotionen und den musikalischen Inhalt als auch die technischen Anforderungen an jedes Instrument angeht. Gleichzeitig ist es aber auch ein so schönes Stück Musik. Es erschließt sich auf Anhieb, aber je tiefer du in die Musik eindringst, desto mehr Details gibt es zu entdecken. Wir dachten, wir kennen das Stück sehr gut, bevor wir es spielten. Und dann, als wir daran arbeiteten, entdeckten wir im Laufe der Monate immer mehr Details. SKM: Ich finde, der dritte Teil ist eines der großartigsten Musikstücke überhaupt. Es ist so ausdrucksstark und romantisch. Es gehört zu den Lieblingsstücken vieler Cellist:innen. Für uns war der zweite Satz derjenige, den wir wirklich sehr gerne zusammen gespielt haben. Das Bild, das er zeichnet, ist sehr lebendig.
- 2018
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