Mit nun 19 Alben sind die Heavy Metal-Götter Judas Priest in ihrer das Genre definierenden Karriere immer noch ganz oben. „Invincible Shield“ setzt die hymnische Tradition von „Firepower“ aus dem Jahr 2018 mit Songs fort, die die Fans begeistern. Sie sind inspiriert von Wut aus dem Internet („Panic Attack“), politischen Scharlatanen („Devil In Disguise“) und den Hexenprozessen von Salem („Trial By Fire“). „Ich bin der Metal-Botschafter von Priest. Daher suche ich immer nach Möglichkeiten, ganz neue Themen und Ideen anzusprechen“, sagt Sänger Rob Halford gegenüber Apple Music. „Man sucht nach etwas Frischem, etwas Neuem. Das ist bei allen Priest-Mitgliedern so. Ich denke, das ist unglaublich wichtig in der Musik – interessant, fesselnd und unterhaltsam zu sein. Ich glaube, Priest machen das seit 50 Jahren. Sonst wären wir schon vor vielen Jahrzehnten in der Versenkung verschwunden.“ Im Folgenden kommentiert er jeden Song auf „Invincible Shield“ sowie die drei Bonustracks, die in der Deluxe-Edition enthalten sind. „Panic Attack“ Wenn man über Themen und Ideen redet, war das alles schon mal da. Seien wir ehrlich. Immer wenn ich einen Titel für einen Song schreibe, bin ich auf der Suche, denn ich hasse es, Dinge zu machen, die es schon einmal gab. Aber „Panic Attack“ – ich liebe diesen Ausdruck einfach. Bevor ich trocken wurde, hatte ich Panikattacken, und die sind sehr lähmend. In diesem Fall reagiert eine Person auf etwas, das sie im Internet gesehen hat. „The Serpent and the King“ Der Teufel ist die Schlange, und der König ist Gott. Ist der Teufel eine Gottheit? Ich weiß es nicht. Aber ich glaube, die Schlange kam mir zuerst in den Sinn, und dann habe ich natürlich an den König gedacht. Und dann versuche ich immer, mindestens ein Wort in einem Priest-Album zu verwenden, das ich vorher noch nie benutzt habe, wie zum Beispiel „Schwefel“. Wir wissen, was Schwefel ist, wir wissen, wie er riecht. Wir haben also einen Konflikt zwischen dem Teufel und Gott. Gut und böse, positiv und negativ, schwarz und weiß. Es ist ein ständiger Kampf. „Invincible Shield“ Das ist Widerstandsfähigkeit, Entschlossenheit, Schutz. Ich saß da mit einem leeren Blatt Papier und einem Bleistift. Da kam mir die Unbesiegbarkeit unserer allgegenwärtigen menschlichen Identität in den Sinn und der Schild, mit dem wir uns verteidigen. Es geht darum, in unserer Welt des Heavy Metal für sich selbst einzustehen. „Devil In Disguise“ Ich bin ständig auf der Suche nach Nachrichten. Die meisten Menschen fangen mit zunehmendem Alter an, sich mehr mit Politik zu beschäftigen. Wenn man jünger ist, ist einem die Politik meistens vollkommen egal. Aber wenn man älter wird, denkt man: „Warum sollte ich einen auf Elvis machen – meine Waffe ziehen und auf den Fernseher schießen?“ Der Song entstand, als ich über das politische Spektrum nachdachte, aber auch über die Scharlatane dieser Welt. In den früheren Western kamen Quacksalber in die Stadt und sagten: „Dieses Mittel hilft gegen Haarausfall. Das hier lässt das Pferd fressen.“ Wir sind nicht weit davon entfernt, oder? „Gates of Hell“ Es gibt einige tiefe, dunkle Momente auf dieser Platte, und dieser hier führt ins Fegefeuer. Du kommst dorthin, wenn du mit mir gehst. Es geht um die Einheit dieser schönen Metal-Community, die wir haben. Unterschreibe auf der Linie, lass den Priester deine Seele verkaufen. Ich dachte an das PMRC [Parents Music Resource Center, eine einflussreiche Lobbygruppe für freiwillige Selbstkontrolle der Musikindustrie]. Ich dachte an die Teufelsmusik und an die Leute, die mit Plakaten vor den Veranstaltungsorten standen: „Judas Priest ist der Teufel“ und all diese lustigen Sachen. Das hier ist die passende Antwort für sie. „Crown of Horns“ Es geht darum, Liebe zu finden. Ich glaube, erst wenn man die Liebe findet, macht sie einen komplett. Und es ist ein sehr tiefgründiger Song für mich, spirituell gesehen. Eigentlich geht es darum, Christus zu finden, aber ich verpacke es in diese wunderschöne Sphäre der Liebe. Liebe ist alles, was zählt. Liebe besiegt Hass weltweit, egal, woher man kommt. Sie hält uns alle zusammen. „As God Is My Witness“ Ich glaube, hier denke ich viel über Sterblichkeit nach. Das Leben kann ein Kampf sein. Ich meine, es kann ein Kampf sein, wenn du versuchst, die bestimmte Brotsorte zu bekommen, die du willst – „Das Brot ist ausverkauft!“ Ursprünglich wollten wir den Song „Hell to Pay“ („Die Hölle ist los“) nennen, aber „As God Is My Witness“ („So wahr mir Gott helfe“) gefiel uns besser. Es ist etwas, das die Leute tatsächlich sagen, wie „You’ve got another thing coming“ („Du bist auf dem Holzweg“) oder „Breaking the law“ („Gegen die Regeln verstoßen"). Diese Phrasen sind einfach da und es macht Spaß, sie zu verwenden. „Trial By Fire“ Ich habe auf Netflix etwas über die Hexenprozesse von Salem gesehen. Die grausame Art und Weise, wie all diese Frauen behandelt wurden, beruhte auf reinem Aberglauben. Die Macht der Religion ist tiefgreifend in ihrer Wirkung auf die Menschheit, und ein Teil davon ist Trauma. Das war sozusagen der Auslöser für dieses Stück, aber es ist auch eine Anspielung auf die Art und Weise, wie dich die Öffentlichkeit unwiederbringlich aburteilt, wenn sie von einer Geschichte oder einem Vorfall erfährt. Das liegt in der menschlichen Natur. Wir sind so schnell darin, uns eine Meinung zu bilden. „Escape From Reality“ Der Großteil dieses Songs stammt von [Gitarrist] Glenn [Tipton]. Er hat diese Riff-Sammlung. Bei einem Riff ist es egal, ob er es 1970 oder 2023 geschrieben hat. Auf „Invincible Shield“ ist es eine Bekräftigung der Schwere von Judas Priest in diesem langsamen Tempo. Ich glaube, es ist das einzige Stück auf dem Album mit diesem Groove. Einige der Botschaften auf diesem Album sind sehr persönlich, und „Escape From Reality“ ist eine davon. Es geht darum, dass man sich wünscht, die Zeit zurückdrehen zu können, um bestimmte Dinge in Ordnung zu bringen, was auch immer das sein mag. Das kann ein einfacher Streit in einer Beziehung sein oder etwas Großes, Traumatisches. „Sons of Thunder“ Wenn du auf einer Harley oder was auch immer sitzt, ist das der Inbegriff von Freiheit. Das Motorrad steht für so viele Dinge bei Judas Priest, und wir sind die einzige Heavy Metal-Band, die das Motorrad konsequent genutzt hat. Die Dinge, die mit dem Motorrad verbunden sind – es ist laut, es stinkt, es macht die Leute wütend –, das ist Metal. Ich wollte damit einfach ein bisschen Spaß haben. Und es ist eine kleine Anspielung auf [die TV-Serie] „Sons of Anarchy“, denn dieser freie Geist, dieser Teil der amerikanischen Kultur, steckt in uns. „Giants In the Sky“ Ronnie [James Dio] und Lemmy, zwei gute Freunde von mir, waren die Vorbilder für diesen Song. Ursprünglich sollte es „The Mighty Have Fallen“ heißen, aber ich dachte, das klingt einfach zu düster. Geben wir ihm etwas Schwung. Geben wir ihm etwas Transzendenz. Ich habe auch über das Rock ’n’ Roll-Radio nachgedacht. Als ich in England aufwuchs, hatten wir nur einen Sender. Als ich das erste Mal nach Amerika kam, konnte ich nicht glauben, wie viele Sender es gab. Und genau jetzt, während du und ich sprechen, spielt irgendjemand auf der Welt Ronnie oder Lemmy im Radio. Sie sind die Giganten im Himmel. „Fight of Your Life“ Das ist ein Bonustrack. Ich wollte ihn unbedingt in der Titelliste haben, aber ich habe mich nicht durchsetzen können. Ich bin kein Fan von brutalen Sportarten, aber ich verstehe die Athletik und das Geschick von MMA und Boxen, und sogar die lustigen Sachen wie Wrestling. Und du kämpfst um dein Leben. Es ist ein Kampf und du schlägst dich durch. Ich liebe dieses Lied. Für mich ist es wie: „Können wir diesen Song bitte für die NFL oder NBA verwenden?“ „Vicious Circle“ Manchmal können Beziehungen in einem Teufelskreis stecken. „With the wicked schemes, cut deep the way that you can try/It makes me wonder how you sleep.“ („Bei den bösen Plänen, die so verletzend sind, wie du nur kannst / Frage ich mich, wie du schlafen kannst.“) Und schon sind wir wieder im Politzirkus, stimmt’s? „I stand against you as you rage. My fate has struck your gilded cage.“ („Ich stelle mich gegen dich, während du wütest. Mein Schicksal hat deinen vergoldeten Käfig getroffen.“) Es geht darum, wie persönliche Beziehungen manchmal in einen Teufelskreis geraten können, aber es geht auch um das politische Spektrum. „The Lodger“ Das hat [der amerikanische Songwriter] Bob Halligan Jr. geschrieben. Von ihm sind auch „Some Heads Are Gonna Roll“ und „(Take These) Chains“. Er kam vor ein paar Jahren zu einem Konzert, nur um die Band zu sehen. Es war so toll, ihn zu sehen, und mir gefiel, was er mit diesen beiden Stücken gemacht hatte, also sagte ich: „Wenn du etwas hast, schick es mir.“ Etwa einen Monat später schickt er mir das hier. Es geht um einen Mann, der erst seine Frau und dann seine Schwester umbringt. Es ist eine Art Mini-Film über Rache und Gerechtigkeit. Bob hat ein großes Talent für Worte und Bilder, und ich liebe die düstere und geheimnisvolle Atmosphäre dieses Songs.