Fortitude

Fortitude

Auf ihrem siebten Album schlagen die französischen Prog-Metal-Stars GOJIRA textlich ganz andere Töne an als auf ihrem Vorgängeralbum „Magma“. „In diesem Album steckte viel Schmerz und Trauer, weil ich den Verlust meiner Mutter im Jahr 2015 darauf verarbeite,“ erklärt Sänger und Gitarrist Joe Duplantier gegenüber Apple Music. „‚Fortitude‘ sollte dagegen mehr Freude ausstrahlen, auch wenn die Musik selbst nicht als fröhlich rüberkommt.“ Die Innenperspektive, die „Magma“ auszeichnete, wird auf „Fortitude“ durch Themen wie zivilen Ungehorsam und Umweltbewusstsein einfach nach außen gekehrt. „‚Magma‘ war sehr persönlich und intim“, erläutert Duplantier. „‚Fortitude‘ blickt mehr auf die Welt und auf die Politik.“ Es folgen seine Kommentare zu jedem einzelnen Song.„Born for One Thing“„Hier geht es um die Auseinandersetzung mit der eigenen Angst vor dem Tod. In einem bestimmten Alter erwacht in uns allen ein Bewusstsein darüber, dass die Zeit abläuft – ein Countdown zum großen Mysterium. Ich verarbeite damit ein paar Bücher, die ich gelesen habe, als ich noch jünger war. In denen ging es um den Buddhismus und um Philosophien, die einem erklären, wie man inneren Frieden findet, indem man über das Wesen der Existenz meditiert. In unserer heutigen Gesellschaft geht uns das nach und nach verloren. Stattdessen sorgen wir uns darüber, woran wir uns festhalten könnten, falls die Welt vor die Hunde geht.“„Amazonia“„Der Riff im Intro und im Outro erinnert sehr an ‚Roots Bloody Roots‘ von Sepultura. Wir leugnen nicht, dass wir große Sepultura-Fans sind – unsere erste Show bestand vorwiegend aus Sepultura-Covers. Unglaublich, aber wahr. Die Band stammt ursprünglich aus Brasilien und hat sich sehr dafür eingesetzt, der Stimme der dortigen Ureinwohner Gehör zu verleihen. Daher fließt der Gewinn, den wir mit diesem Song erwirtschaften, in ein Projekt, das wir ‚Operation Amazonia‘ getauft haben. Von unseren Musikerfreunden lassen wir uns außerdem Instrumente spenden, die wir anschließend versteigern. Den Gewinn spenden wir einer brasilianischen NGO namens APIB – dabei handelt es sich um die größte NGO in Händen von Ureinwohnern. So unterstützen wir sie und schützen den Regenwald vor den großen Konzernen.“„Another World“„Den Song schrieben wir an nur einem Tag, während wir an anderen Songs des Albums drei Jahre lang arbeiteten. Der Text entspringt dem Gefühl, dass die Welt komplett kaputt ist. Darum wünsche ich mir manchmal, es gäbe noch eine andere Welt. Das Video, dass wir dazu gedreht haben, soll ironisch und lustig sein – vier Typen, die in einer Metal-Band spielen, basteln sich zusammen eine Rakete und reisen damit durch ein Wurmloch in die Zukunft. So etwas wie ein lustiges Remake von ‚Planet der Affen‘. Die Animationen sind aber so gut gelungen, dass die humoristische Absicht etwas verloren geht.“„Hold On“„Das ist einer der letzten Songs, die ich für das Album geschrieben habe, und mit dem Text habe ich mich sehr schwergetan. Ich hatte die Themen, die mich wirklich bewegen, wie zivilen Ungehorsam und den Amazonas, ja schon behandelt. Aber die Musik bei diesem Stück gefiel mir so gut, dass ich es unbedingt auf dem Album haben wollte. Irgendwann kam ich an einen Punkt, an dem ich vor lauter Verzweiflung aufgeben wollte, doch dann entschied ich mich dazu, einfach alles rauszulassen. Ich fühlte mich vom Leben überwältigt. Mir kam der Gedanke, dass das Leben wie ein Ozean ist, und dass wir uns an irgendetwas festhalten müssen, um nicht von den Wellen fortgerissen zu werden, die dauernd über uns zusammenschlagen. Dadurch fand ich schließlich meinen Flow und meine Stimme für diesen Song.“„New Found“„Den Titel hatte ich schon, bevor ich damit begann, den Text zu schreiben. Im Wesentlichen geht es in dem Song darum, die eine Sache zu finden, die deinem ganzen Leben einen neuen Sinn verleiht. Kinder zu bekommen ist eine dieser besonderen Sachen. Wenn man eine tiefgreifende Erkenntnis über sich selbst erlangt und denkt, okay, das ist es, was mich ausmacht, dann lernt man sich selbst etwas besser kennen. „Fortitude“„Fortitude [innere Kraft] liegt dem gesamten Album als Konzept zu Grunde. Es ist ein Mantra. Beim Singen richte ich mich damit an das Universum und die Sterne, vielleicht auch an ein außerirdisches Bewusstsein oder was sonst da oben oder unten existiert – Geister, Schutzengel. Es ist wie ein Gebet. Der Begriff fasst das ganze Album zusammen und ist dabei sehr persönlich. Je ehrlicher du zu dir selbst und deinem Herzen bist, desto mehr werden es die Leute spüren.“„The Chant“„Von den Metal-Songs zu diesem seltsamen, irgendwie indigenen Rock-Song ist es ein ziemlicher Sprung. Auch die Tonalität verändert sich. Das Album beginnt auf G und geht dann zum Ende hin auf C. ‚Fortitude‘ fungiert als Intro zu diesem Song und bereitet das Ohr auf ein neues tonales Umfeld vor, es schafft Platz im Gehirn. ‚The Chant‘ entfaltet so eine doppelt so harte Wirkung, als er es direkt im Anschluss an einen anderen Song könnte. Es handelt sich um ein Mantra, das Einheit durch Frieden und Stärke beschwören soll. Davon braucht die Menschheit jede Menge.“„Sphinx“„Hier hört man viel von unseren Death-Metal-Wurzeln und einen gewissen Metallica-Vibe am Anfang, wenn die Toms Fahrt aufnehmen. Dadurch hört der Song sich oldschool und zugleich modern an, weil wir mit dem Whammy-Bar und solchen Techniken ziemlich raffiniertes Zeug anstellen. Was den Text angeht, so bin ich total fasziniert von der Sphinx. Manche Ägyptologen behaupten, dass die Sphinx präägyptischen Ursprungs ist – also viel älter, als gemeinhin angenommen – und eventuell von einer anderen Zivilisation errichtet wurde. Also schrieb ich einen Song darüber, wie die Sphinx den Aufstieg und vielleicht sogar den Untergang unserer Zivilisation beobachtet und uns alle überlebt.“„Into the Storm“„Hier geht es um zivilen Ungehorsam – ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt. Wenn man ein anständiger Bürger ist und an Gemeinschaft und andere Menschen glaubt, muss man trotzdem manchmal ungehorsam sein. Wir müssen manchmal die Regeln verbiegen, weil einige Regeln einfach lächerlich und unfair sind. Wir erschaffen die Regeln und Gesetze in dieser Welt, nicht etwa umgekehrt. Natürlich will ich damit aber keinen Aufstand anzetteln. Es geht mir darum, klarzustellen, dass man Dinge hinterfragen und nicht einfach nur tun sollte, weil die Gesellschaft sie von einem verlangt.“„The Trails“„Dieser [Song] ist wie ein verschwommener Traum – ein Gedicht mit tröstender Musik. So etwas haben wir immer am Ende unserer Alben, weil wir nicht anders können, als zu experimentieren. Ich könnte natürlich einfach ein Nebenprojekt oder eine Solokarriere beginnen, um all die Dinge auszuprobieren, die nicht Metal sind. Aber stattdessen konzentriere ich mich lieber auf die Band. Dadurch wird GOJIRA zu diesem seltsamen Biest mit verschiedenen Gesichtern. Für unsere Verhältnisse ist ‚The Trails‘ sehr subtil geraten, aber eigentlich handelt es sich um einen sehr technischen Song. Vielleicht ist es sogar der Song auf dem Album, der auf der Gitarre am schwersten zu spielen ist. Er ist auf jeden Fall der ruhigste.“„Grind“„Natürlich lieben wir es, zu grinden. Ich weiß nicht, ob es auf der Welt irgendetwas gibt, das besser wäre, als zusammen mit einem Drummer ein Riff zu spielen und es einfach nur zu grinden. Im Text geht es darum, dass wir uns selbst transzendieren und unsere Probleme überwinden können. Die Macht dazu haben wir. Wir können Dinge ändern. Wir können Gesetze verbiegen. Wir können Mauern einreißen. Aber wir haben auch unsere Routinen – Aufstehen, Geschirrspülen, Arbeiten, Geldverdienen. Dem Alltagstrott musst du dich ergeben, um Freiheit zu finden. Also mach den Abwasch, Motherfucker! Morgen geht es dir dafür besser.“

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