Metheny: Road to the Sun

Metheny: Road to the Sun

Gitarrenlegende Pat Metheny ist ein meisterhafter Techniker, ein außergewöhnlich flüssiger Improvisateur und ein Komponist mit einem Händchen für exquisite Melodien. Seine Alben – ob solo oder mit der gefeierten Pat Metheny Group – sind moderne Meisterwerke. Auf „Road to the Sun“ überlässt der Jazzgitarrist das Scheinwerferlicht jedoch anderen. Die Interpretation der zwei klassischen Kammerstücke vertraut er seinen Gitarre spielenden Freunden und Kollegen Jason Vieaux und den Mitgliedern des Los Angeles Guitar Quartet an. Immerhin: Auf dem letzten Track des Albums hat auch Metheny einen kurzen Auftritt. Das erste Stück – die vierteilige Sologitarren-Suite „Four Paths of Light“ – schrieb Metheny für den US-Gitarristen Vieaux, den Metheny seit Jahren bewundert. „Ich hatte von Jason gehört, bevor ich erfuhr, dass er von mir wusste“, erzählt Metheny Apple Music. „Er tauchte als wichtige neue Stimme in der Szene auf und ich war sofort beeindruckt – nicht nur von seinem brillanten Spiel, sondern auch davon, wie er komplizierte Dinge auf eine einfache Art spielen konnte. Für mich hat er die richtigen Fähigkeiten, aber dabei auch Seele.“ „Four Paths of Light“ ist ein technischer Kraftakt, aber zugleich ein Werk von aufregendem rhythmischen Drive und eindringlicher Schönheit. „Ich wollte Jason etwas anbieten, das sich seiner Stärken bedient, aber ihn auch herausfordert“, verrät Metheny. „Ich denke, wenn du Musik für jemanden schreibst oder eine sehr talentierte Person in deine Band holst, hast du die Pflicht, nicht nur Gebrauch von ihrem Können zu machen, sondern sie auch an einen Punkt zu führen, an dem sie vielleicht noch nie zuvor war.“Das nächste Stück, „Road to the Sun“, das 2016 in Denver seine Uraufführung erlebte, hat eine noch anspruchsvollere Texturen und geht an die Grenzen dessen, was musikalisch und technisch auf der Gitarre möglich ist. „Das Los Angeles Guitar Quartet wollte schon seit Jahren, dass ich etwas für sie schreibe“, so Metheny. „Ich war im Familienurlaub und diese Idee tauchte auf, aus der der erste Satz von ‚Road to the Sun‘ entstand.“ Hier führt uns Pat Metheny durch beide Suiten und gibt uns einen Einblick in das letzte Stück des Albums – „Für Alina“ von Arvo Pärt, das er auf seiner 42-saitigen Gitarre spielte.Four Paths of LightI. Pt. 1„Jason Vieaux hat ein echtes Verständnis dafür, was man alles auf der Gitarre spielen kann – von ganz laut bis ganz leise. Und ich wollte mit etwas eher Heftigem anfangen. Jason spielt diesen Satz mit einer lebendigen Aggressivität, aber auch mit einer Art Eleganz, ein Zeugnis seines meisterlichen Könnens.“II. Pt. 2„Den Adagio-Stil, den man in diesem Satz hört, beherrscht Jason besonders gut, und es war schön zu wissen, dass er sofort verstehen würde, wie er ihn spielen musste. Gleichzeitig ist es eines dieser Stücke mit einer führenden Melodie, die über der Begleitung schwebt, die dem Spiel der linken Hand auf dem Klavier ähnelt. Es ist schwer, diese Balance hinzubekommen. Ich habe eine Version dieses Satzes mit einem Quartett erarbeitet, mit dem ich zu der Zeit spielte, und es hat super funktioniert. Was mich etwas überrascht hat, weil ich es mir so eigentlich nicht vorgestellt hatte.“III. Pt. 3„Wenn dir Albert Einstein zur Verfügung steht, willst du nicht, dass er Achtklässlern Algebra beibringt! Das war meine Einstellung gegenüber Jason. Wenn ich ein Stück für Jason schreibe, dann muss ich seine Qualitäten voll ausnutzen. Der dritte Satz ist wirklich schwer zu spielen, aber er lässt es ziemlich einfach klingen. Wenn ich jemandem eine Passage dieser Suite vorspielen müsste, würde ich diesen Satz wählen.“IV. Pt. 4„Jason ist unglaublich bewandert in der Gitarrentechnik, bei der Noten nachhallen, während zugleich tiefere Noten gespielt werden. Bevor ich mit der Suite begann, wusste ich, dass ich sie mit dieser Idee beenden wollte. Ich habe nie ganz verstanden, wie man sie spielte, also hat Jason es mir gezeigt. Es gibt viele verschiedene Wege, sie in Notation festzuhalten, und ich habe einfach eine ganze Note mit Läufen darunter aufgeschrieben, war mir aber nicht sicher, welche Notenlänge er spielen würde. Es war lehrreich für mich, ihm dabei zuzusehen, wie er die beste Spielart entwickelte.“Road to the SunI. Pt. 1„Für mich glänzt die Gitarre, wenn sie von anderen Gitarren umgeben ist, und vor allem dann, wenn alle unisono das Gleiche spielen. Als ich dieses Stück dem LA Guitar Quartet zeigte, meinten sie: ‚Willst du wirklich, dass wir Vier diese acht Takte exakt im Gleichklang spielen? Normalerweise tun wir das nicht.‘ Und ich sagte: ‚Ja, genau!‘ Tatsächlich klingt die Gitarre mit am besten, wenn ein paar Leute am Lagerfeuer sitzen und spielen. Ich wollte sowohl daran als auch an den formelleren Streichquartett-Ansatz anknüpfen, den das LA Guitar Quartet gewohnt ist.“II. Pt. 2„Eine der Freuden am Komponieren für das LA Guitar Quartet besteht darin, dass es sich nicht nur um ein bekanntes Ensemble handelt, sondern seine Mitglieder auch spektakulär gute Gitarristen sind. Jeder von ihnen hat einen sehr charakteristischen Sound und eine eigene Herangehensweise. Ich denke, dieser Satz erkundet all ihre Stärken. In dem Stück kommt auch eine siebensaitige Gitarre zum Einsatz, die den Bass-Bereich um eine Quinte erweitert, so dass die Gitarre an einigen Stellen fast wie ein Bass fungiert.“III. Pt. 3„Im Jahr 2009 hat der mit mir befreundete Regisseur Scott Elliott ‚Trauer muss Elektra tragen‘ aufgeführt, ein fünfstündiges Theaterstück, das er auf zwei Stunden gekürzt hatte. Es spielt während des Amerikanischen Bürgerkrieges und er wollte Begleitmusik dafür haben. Also habe ich mir eine Gitarre aus der Zeit des Bürgerkriegs besorgt und die ganze Musik improvisiert. Von allem, was ich gespielt habe, stach ein Segment besonders hervor und er fiel mir irgendwie ein. Viel von der Musik taucht im dritten Satz auf. Er hat eine recht strenge vierstimmige Struktur, in der jeder Typ vom LA Guitar Quartet eine Note spielt.“IV. Pt. 4„Als ich dem Quartett zum ersten Mal den Übergang zu ‚V. Pt. 5‘ zeigte, sah ich die Musiker ein einziges Mal besorgt. Sie verzogen sich irgendwann, um ein Band-Meeting abzuhalten. Dann kamen sie mit einer Lösung zurück, die eine Art gekürzter Version dessen war, was ich geschrieben hatte und mit der sie sich alle wohlfühlten. Es war vermutlich besser so!“V. Pt. 5„In diesem Satz hat jeder der Gitarristen eine Stelle, an der er eine exponierte Stellung einnimmt und klingt, als ob er improvisiert. Es hat mir Spaß gemacht, Ideen aufzuschreiben, die als Improvisation funktionieren, aber hoffentlich auch die Langlebigkeit von niedergeschriebenem Material besitzen, um Nacht für Nacht aufgeführt zu werden. Ich glaube, dass es allen Mitgliedern des Quartetts bei der Vorbereitung für ‚V. Pt. 5.‘ extrem geholfen hat, dass sie meinen Stil kannten. Wie schon in ‚II. Pt. 2‘ gibt es in diesem Satz lange Strecken mit Rhythmusgitarre. Geschlagene Akkorde klingen auf der Gitarre besonders gut, aber diese vier denken dabei schnell an Flamenco. Ich habe die Partitur deshalb mit einer Notiz versehen: ‚Kein Flamenco!‘ Was ich wirklich wollte, war eine Spielweise wie am Lagerfeuer.“VI. Pt. 6„Das Ende von ‚Road to the Sun‘ bezieht sich auf den Anfang – viele Harmonien tauchen wieder auf. Nach all den verschiedenen Emotionen, die man in diesem Stück durchlebt, ergab es Sinn, an den Anfang zurückzukehren und ihn noch einmal aus einer weiter fortgeschrittenen Prespektive zu hören. Und das LA Guitar Quartet hat das genau verstanden. Sie kamen im November 2016 nach New York, um das Werk aufzuführen, und ich konnte im Publikum sitzen und ihnen beim Spielen der Suite zuhören. Als sie nach 25 Minuten zu diesem Motiv zurückkehrten, hat es mich auf eine Weise berührt, wie ich es nicht erwartet hatte.“Für Alina (Arr. by Pat Metheny for 42-string guitar)„Ich habe ‚Für Alina‘ vor Jahren das erste Mal gehört und dachte sofort an meine 42-saitige Gitarre. Dieses Stück passt genau zu den Stärken dieser Gitarre: Noten nachhallen lassen, während andere Noten darüber gespielt werden, um Obertöne zu kreieren. Das Stück bietet eine harmonische Ruhepause nach den Abenteuern der vorangegangenen 40 Minuten.“

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