Blue Hours

Blue Hours

Das britische Folk-Rock-Duo Bear’s Den hat sein viertes Album zwar nach einem marokkanischen Hotel benannt, das die Bandmitglieder Andrew Davie und Kevin Jones besucht haben, aber für Sänger und Gitarrist Davie liegt in dem Titel eine tiefere Bedeutung. „Das Blue Hours Hotel hat ein wunderschönes Atrium, aber auch eine leicht unheimliche Ausstrahlung“, erzählt er im Interview mit Apple Music. „Ich dachte, es wäre ein cooler Name für das, was nachts in mir vorgeht, wenn ich an meiner Musik arbeite.“ Davon inspiriert kehrte Davie nach Hause zurück und schrieb den Titelsong des Albums, eine pulsierende, von Synthesizern getriebene Hymne. So entwickelte sich der musikalische Weg für „Blue Hours“. „Es fühlte sich wie eine Stimmung an, die uns musikalisch und textlich gefiel“, erzählt er. „Wir wollten sehen, wohin uns die eigenartige Stimmung führt, wenn wir diese Richtung einschlagen.“Das Ergebnis ist ein Album, das das komplexe Songwriting des Duos mit einer großzügigen Klangpalette verbindet, die vom Softrock der 80er-Jahre und Bruce Hornsbys „The Way It Is“ inspiriert ist – große Popsongs, die gleichzeitig fulminant und minimalistisch klingen. Die musikalischen Höhepunkte bieten Davies besinnlichen Texten über psychische Gesundheit und dem Leben in der eigenen Welt eine perfekte Plattform. „Es hat mich schon immer gereizt, Songs zu schreiben, wenn ich in dem Moment nicht ganz verstehe, was in meinem Leben passiert oder wenn ich vor Schwierigkeiten stehe“, sagt er. „Aber bei diesem Album wurde diese Seite fast selbst zum Thema. Es ist das Ergebnis einer langen Zeit, die ich allein verbracht und in der ich versucht habe, Dinge zu verstehen.“ Track für Track nimmt uns Davie mit auf eine Reise durch das bisher kunstvollste Album von Bear’s Den.„New Ways“Ich hatte mir für ungefähr 150 Pfund ein schlechtes Klavier gekauft. Während der Pandemie habe ich sehr viele Songs darauf komponiert. Ich weiß noch, wie ich Kev zum ersten Mal darauf vorspielte und seine Augen aufleuchteten. Ich bin ein großer Bruce Hornsby-Fan. Wenn ich Klavier spiele, versuche ich ständig, etwas zu schreiben, das sich ein bisschen wie sein „The Way It Is“ anfühlt. Er ist ein Genie. Ich glaube, ich habe einen seiner Songs geübt, als ich über die Komposition von „New Ways“ gestolpert bin. Textlich gesehen ist der Track wie eine Art Leitbild des Albums. Es geht darum, neue Wege zu finden, klarzukommen und das Leben zu meistern. Auch, wenn man nicht ständig mit seinen Freunden zusammen sein, ausgehen und etwas unternehmen kann.„Blue Hours“Das war der erste Song, den Kev und ich zusammen aufgenommen haben. Wir haben entschieden, dass wir das Album so nennen wollen. Irgendwie löste die Stimmung dieser beiden Worte etwas in uns aus. Das Lied hat eine lange Reise hinter sich. Das erste Demo, das wir gemacht haben, war absolut verrückt. Mein Demo davor bestand nur aus Klaviersound. Und am Ende wurde der Track zu einer riesigen Sache, bei der wir beide alles gegeben haben. Unser Produzent Ian [Grimble] hat uns schließlich dabei geholfen, dem Song eine Richtung zu geben.„Frightened Whispers“Das ist ein ziemlich bizarrer Song. Vor einiger Zeit hatte ich eine Schreibblockade. Ein Freund von mir schlug vor, dass wir uns beide einen Tag Zeit nehmen und jeder ein Lied schreibt. Das wollten wir uns dann gegenseitig schicken. Ich habe etwas elektronische Musik gemacht und einen Text drübergelegt. Ich schickte ihm den Song rüber, und das hat tatsächlich meine Schreibblockade gelöst. Ich schickte den Song auch an Kev, und er hatte zahlreiche Ideen, wie wir Gitarre, Bass und Schlagzeug unterbringen könnten. Es rauschte nur so und am Ende entstand ein Track, der für uns beide sehr wichtig ist.„Gratitude“Den Song habe ich geschrieben, nachdem ich das Buch „Catalog of Unabashed Gratitude“ von Ross Gay gelesen hatte. Das Buch hat mich sehr verändert. Gay wirft darin voll Dankbarkeit einen Blick auf die schwierigen Momente seines Lebens. Das fand ich sehr stark und ermutigend. Dieses Gefühl habe ich durch den ganzen Entstehungsprozess des Albums oder des Schreibens der Songs getragen. Es war der Gedanke, dass man über all diese Dinge schreibt, weil sie einem wichtig sind und weil einem die Person, um die es in einem Lied geht, am Herzen liegt. Darin liegt sehr viel Dankbarkeit. Du versinkst nicht nur in Selbstmitleid – du drückst so tatsächlich eine Menge Liebe und Gutes aus.“„Shadows“Es geht um die Idee, einer Person nahe zu sein, die Depressionen hat. Das ist etwas, das ich selbst sehr gut nachempfinden kann. Es gab mehrere Freunde und Verwandte, die mit Depressionen zu kämpfen hatten. Es ist eine sehr schwierige Situation, wenn Menschen, die einem wirklich am Herzen liegen, Probleme haben. „Shadows“ ist ein Song, der Solidarität und Unterstützung ausdrückt und anerkennt, wie schwierig das ist. Auf musikalischer Ebene ist es wahrscheinlich der Song, auf den ich am stolzesten bin. Ich liebe es, den Klavierpart zu spielen. Die Art und Weise, wie die Streicher, der Bass und das Schlagzeug zusammenspielen, ist eine großartige Gemeinschaftsleistung.“„All That You Are“Das Lied habe ich schon vor langer Zeit geschrieben. Wir hatten nur noch nicht das passende Album für den Song gefunden. Die Kombination aus Kevs Wurlitzer-Piano und meiner E-Gitarre fühlt sich einfach großartig an. Die Bridge gibt den Streichern eine Möglichkeit, etwas Besonderes zu machen, was wir vorher noch nie auf einem Album ausprobiert haben.„Spiders“Das Lied habe ich während der Pandemie geschrieben. Ich war aus London weggezogen in der Hoffnung, dass alle meine Probleme verschwinden, wenn ich umziehe und alles viel besser wird. In dem Song geht es darum, dass dich die Dinge, die dich verfolgen oder mit denen du kämpfst, immer finden. Egal, was du tust, um sie loszuwerden. Es ist einer dieser Songs, bei denen wir während der Arbeit daran das Gefühl hatten, dass es ein ziemlich düsterer Song wird. Aber wir wollten im Studio sicherstellen, dass sich das Album feierlich anfühlt.„Selective Memories“Sowohl Kev als auch ich sind während der Pandemie Vater geworden und deswegen dreht sich der Song auch ums Vaterwerden. Es geht aber auch darum, dass meine Mutter an Demenz leidet. Ich habe darüber geschrieben, wie ich neue Erinnerungen mit meiner Tochter aufbaue, während mir gleichzeitig Erinnerungen mit meiner Mutter genommen werden. Ich glaube, dass die Menschen um sie herum in diesem Prozess vieles durchmachen mussten, und sie kann sich an nichts davon wirklich erinnern. Als ein Freund von mir fragte, wie es ihr geht, machte ich einen Witz und sagte, dass ich glaube, ihr Gedächtnis sei ein wenig selektiv. Dann wurde daraus der Gedanke, dass ich hoffe, meine Tochter lernt die Person kennen, die ich kannte. Das ist die Idee hinter dem Song. „On Your Side“Der Song ist von „Paris, Texas“ und „My Private Idaho: Das Ende der Unschuld“, zwei großartigen Filmen, inspiriert. In „My Private Idaho: Das Ende der Unschuld“ wacht die Figur von River Phoenix immer wieder in der Wüste auf, weil er Narkoleptiker ist. Der Film „Paris, Texas“ beginnt mit einem Mann, der mitten in der Wüste gestrandet ist und versucht, sein Leben aus einer schwierigen Lage heraus wieder zusammenzusetzen. Während der Pandemie habe ich mich zum ersten Mal in meinem Leben gefühlt, als wäre ich mitten in der Wüste aufgewacht und hätte versucht, herauszufinden, wer ich bin. Ich habe die beiden Filme kurz nacheinander gesehen, und dann habe ich einfach angefangen, den Track zu schreiben.„All The Wrong Places“Das ist ein Lied über die Erinnerung und wie sie funktioniert. Man erinnert sich an den seltsamsten Orten an verschiedene Menschen. Man sieht zum Beispiel einen Film und erinnert sich plötzlich an jemanden. Darin steckt etwas, das ich interessant und aufregend finde und das mit meiner Beziehung zu einigen Menschen zu tun hat. Dein Unterbewusstsein erinnert sich an Dinge, an die du dich nicht aktiv erinnerst, weil sie für dich wichtig sind. Das fühlte sich für mich nach einer starken Idee an, und nach einem ziemlich intimen Gefühl, das sich sehr gut eignet, um das Album zu beenden.

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