As Long As You Are

As Long As You Are

Wenn „Singles“ aus dem Jahr 2014 das unerwartete Breakthrough-Album für Future Islands war, dann war der 2017 erschienene Nachfolger „The Far Field“ eine Mahnung, das Tempo zu drosseln. „Wir hatten 800 Shows gespielt und waren bei ‚Letterman‘ und plötzlich, zum ersten Mal überhaupt, stieg unser Bekanntheitsgrad beträchtlich an“, erzählt Frontmann Samuel T. Herring Apple Music. „Im Alter von 30 Jahren standen wir im Rampenlicht, was schon irgendwie seltsam ist. Es wurde alles größer und lag außerhalb unserer Kontrolle. Wir haben Entscheidungsfindungen grundsätzlich abgegeben, um es uns einfacher zu machen. Nun versuchen wir wieder, die Arbeit selbst zu erledigen.“ Während „The Far Field“ schnell aufgenommen wurde, um vom durch „Singles“ erzeugten Momentum zu profitieren, verbrachte die Formation aus Baltimore ein ganzes Jahr mit Aufnehmen, Überarbeiten und Neuaufnehmen von „As Long As You Are“, bis es sich genau richtig anfühlte. Im Ergebnis singt Herring, der frisch verliebt ist, erstmals genauso gefühlvoll über dringliche politische Themen wie über Herzensangelegenheiten. „Es ist schon lustig, denn bei den ersten Treffen mit meiner Freundin sagte ich ihr, dass ich niemals einen Song über sie schreiben würde“, so Herring. „Ich wollte es nicht vermasseln, so wie ich es bei all den anderen Leuten getan habe, über die ich Songs geschrieben habe. Doch dann befindet man sich in diesen Situationen: Man schreibt über sein Leben und seine Gefühle. Mit dieser Person zusammen zu sein – die mir wirklich vertraute, so wie ich ihr vertraute –, hat mir einfach den Raum und das Selbstvertrauen gegeben, über Dinge zu schreiben, an die ich mich zuvor nicht herangewagt hätte.“ Im Folgenden führt er uns durch jeden Song des Albums.Glada„Ein Glada ist eine schwedische Vogelart, ein Raubvogel mit einem V-Schwanz. Dieser Song wurde auf dem Land in Südschweden geschrieben, der Skåne-Region. Ein großer Teil des Lebens in Schweden besteht darin, Zeit in der Natur zu verbringen. Im Sommer ist es quasi nicht erlaubt, vor der Schlafenszeit ins Haus zu gehen. Der Song handelt von der Wiedergeburt des Frühlings und der Wiedergeburt des Gefühls, sich neu zu verlieben – zusammen mit Julia auf dem Land. Ich glaube, die größere Frage des Songs dreht sich um das Gefühl, ob man Liebe verdient hat. Als wir uns trafen, hatte ich damit abgeschlossen, dass ich jemals wieder diese Art von Liebe erfahren würde, die Art, die aufgeregt macht – wie eine junge Liebe. Wir verdienen es, gute Gefühle zu haben, und der Vogel steht sinnbildlich dafür.“For Sure„Ich denke, dass unsere Musik schon immer von großer Hoffnung innerhalb der Dunkelheit durchdrungen war. Es ist der Idealismus eines Songs wie ‚Light House‘ – ein Song über Selbstmord – in der Hoffnung, dass dich jemand vor dir selbst schützt. Die Leute finden Trost in dem Song, weil es ihn gibt. Vor allem in diesem Song steckt das Verständnis von Liebe und Vertrauen – sich frei zu fühlen, man selbst zu sein. Und ermutigt zu werden, die Dinge zu tun, die wir in dieser Welt tun wollen, weil uns jemand den Mut dazu gegeben hat.“Born in a War„Ich arbeite komplett nach Gefühlen und Stimmung. Ich habe nicht wirklich eine Agenda – das Leben ist eine Inspiration, insbesondere in dieser Zeit. Für mich ist Waffengewalt in den USA ein riesiges Problem. Und dort, wo [Keyboarder] Gerrit [Welmers], [Bassist] William [Cashion] und ich aufgewachsen sind, hat jeder Waffen und geht zum Jagen. Und dann geht man zur Kirche. Es ist einfach eine Art zu leben. In der zweiten Strophe dieses Songs geht es darum, ein Mann zu sein und dass man dazu erzogen wird, ein Mann zu sein. Nach dem Motto: ‚Warum hast du kein Gewehr, was stimmt nicht mit dir?‘ Eine meiner Lieblingszeilen auf diesem Album ist: ‚Raised up in a town that’s 80 proof/Shotgun shells under every roof, every jail.‘ Wir befinden uns in diesem Bewusstseinszustand, ein selbst erschaffenes mentales Gefängnis.“I Knew You„Der komplette Song beruht auf einer wahren Geschichte. Eines dieser Dinge, die ich über eine Person geschrieben habe, mit der ich vereinbart hatte, nie wieder einen weiteren Song über sie zu schreiben – ein Grundprinzip in der Arbeit von Future Islands. Eines Nachts holte sie ziemlich abgefahrenen Mist hervor. Und ich musste dies aufschreiben, ich muss diese Geschichte erzählen. Es befand sich auf einer Aufnahme, und ich werde es auf einer Aufnahme zum Abschluss bringen – so fühlte ich es. Mir wurde gesagt, dass ich Gift für diese Person war und ihr Leben ruiniert habe. So sage ich es im Song: Ich war happy, diese Dinge gehört zu haben. Die Person löste sich auf, es herrschte Funkstille. So konnte ich schließlich damit abschließen.“City’s Face„‚City’s Face‘ wurde von einer Beziehung inspiriert – der einzigen Beziehung, die ich in Baltimore hatte. Es ist die Beziehung, um die es in ‚Seasons‘ geht, und der Song handelt von einer Person, die mich sehr verletzt hat. Sie betrog mich mehrmals, was dazu führte, dass ich in meiner eigenen Stadt paranoid wurde. Ich hatte es nicht verdient, auf diese Weise behandelt zu werden. Sie verdiente es auch nicht, auf diese Weise behandelt zu werden. Ich denke, ich habe es zugelassen, ein Opfer zu sein, um mir nicht meinen eigenen Mist eingestehen zu müssen. Einen Ort wegen einer Person zu hassen, ist schon ziemlich verrückt.“Waking„Mit diesem Song habe ich etwas gekämpft. Manchmal schreiben die Jungs einen so guten und eingängigen Song, dass ich der Ansicht bin, dem nichts mehr hinzufügen zu können. Kulturell sind wir an einem Punkt in unserer Gesellschaft angelangt, an dem wir uns nicht einfach zurücklehnen können – an dem wir es uns nicht leisten können, nichts zu sagen oder zu tun. Es ist so einfach wie deinen Nachbarn zu helfen. Dem kommt eine Bedeutung zu. Es bedeutet definitiv etwas, ‚hallo‘ zu sagen und Leuten in unserer Gemeinschaft die Hand zu reichen. Dieser Song handelt von kontraproduktiven Gefühlen und dem Versuch, sie zu überwinden. Und davon, sich bewusst zu sein, wie die schlimmste Sache im alltäglichen Leben manchmal der Anfang von etwas Neuem sein und uns besser machen kann.“The Painter„In ‚The Painter‘ geht es für mich um Race in den USA und die Art und Weise, wie wir die Dinge sehen oder zeichnen. Wir sind Art-School-Kids, aber ich dachte immer, ein Gemälde zu erschaffen, in dem jeder exakt dasselbe sehen würde, wäre das Größtmögliche, das man erreichen könnte. In etwa: ‚Warum können wir es nicht auf dieselbe Weise betrachten?‘ Und verstehen, dass wir, auch wenn wir ideologische Auseinandersetzungen haben, darüber nicht debattieren können, wenn es Menschenleben betrifft, über die wir hier reden. Daher geht es in ‚The Painter‘ um rot und blau und schwarz und weiß. Es geht um rot, weiß und blau und was zum Teufel das bedeutet. Ich denke, es geht um Leute, die es genau so malen, wie sie es sehen wollen. Sie sagen, dass sie keine Farbe erkennen, aber das ist alles, was sie sehen. Es ist ein aufgeladener Song, in dem wir die Leute anflehen, ihre Augen zu öffnen. Denn es handelt sich hier nicht um ein Gemälde, sondern um das Leben.“Plastic Beach„Ich hatte Probleme mit meinem Körper, seit mir bewusst ist, was das bedeutet. In diesem Song geht es um die Kämpfe mit einem selbst. Ich habe ein Leben vor dem Spiegel verbracht, um bei mir Veränderungen herbeizuführen. All diese Gedanken, wer deine Familie ist und wie du sie liebst – und dann schaust du in dein Gesicht. Wie kannst du es hassen, wenn darin dies und jenes von deiner eigenen Familie zu erkennen ist? Ich glaube, vieles wurde noch durch unsere Präsenz in der Öffentlichkeit verstärkt, durch ‚Letterman‘ oder so, wo man online schnell zu einem Meme oder Witz werden kann. Für die Leute ist es leicht, nicht zu erkennen, wie uns das treffen kann. ‚Plastic Beach‘ ist ein Song, mit dem wir den Leuten danken, die uns als das annehmen, was wir sind, die allgemein Menschen als das betrachten, was sie ausmacht. Ein ‚Dankeschön‘ auch an die Personen um dich herum, die dich aus genau diesen Gründen lieben. Ich werde etwas emotional, wenn ich darüber spreche.“Moonlight„Dieser Track ist ganz klar ein Lovesong. Gleichzeitig ein Lovesong über Depressionen, aber auch ein weiterer Song über Akzeptanz. Die Zeile ‚So we just laid in bed all day/I couldn’t see/I had a cloud in my arms‘ soll ausdrücken: ‚Ich trug eine Regenwolke mit mir herum.‘ Dieses graue Ding steht für meine Depressionen. ‚But if I asked you/Would you say it’s only rain?‘ Was bedeuten soll, es ist egal, wie du dich fühlst, ich liebe dich dennoch. Du musst dich nicht für diese Gefühle rechtfertigen, ich liebe dich dennoch.“Thrill„Der Schauplatz in diesem Song ist Greenville, North Carolina, wo einige von uns zum College gegangen sind. Er handelt davon, völlig allein in Greenville zu sein. Von Drogenabhängigkeit und Alkoholmissbrauch. Davon, betrunken an der Bar zu sitzen und keine Drinks mehr zu bekommen, kein Freund weit und breit. Er handelt davon, betrunken auf dem Weg zur Bar und betrunken auf dem Weg von der Bar nach Hause zu sein. Und von dieser Einsamkeit, dieser Wut und dem Gefühl der Angst, sich an diesem Ort nicht zugehörig zu fühlen. Greenville ist absolut eine College-Stadt und, in größerem Maße, eine Stadt der Südstaaten. Es gibt dort definitiv Rassenprobleme. Im Norden der Stadt gibt es den Tar River, der dafür bekannt ist, über die Ufer zu treten. In diesem Song geht es um diesen verdünnten, dreckigen Fluss, der seit Jahrhunderten von US-Amerikanern genutzt wird. Es dreht sich alles um das Zeug, das sich in dem Fluss ausbreitet, das sich in uns ausbreitet, in unsere amerikanische Kultur. Und die Frage, wie wir uns fühlen werden, wenn dieses Wasser über uns hinweg rauscht. Werden wir untergehen oder darin schwimmen?“Hit the Coast„Für gewöhnlich nahmen wir Jam- und Übungssessions mit meinem alten Desktop-Rekorder auf, das war 2009 oder 2011. Hier haben wir das Gerät selbst gesamplet. Ich spielte einen Loop durch das Vocal-Mikro, nahm es auf und dann fügten wir es ein. Wenn man es sich anhört, hört man es beim Vers ‚Pressing play on this old tape was a bad move/Reduced to hiss/Some record I love/Some record I’ve missed‘. Der Song endet dann damit, wie ich auf dem Tape auf ‚Stopp‘ drücke – einfach dieses große P’chunk. Manchmal denke ich, dass das Label dir vorgeben möchte, richtig groß mit deinem Hit beziehungsweise deiner Single als erstem Song zu beginnen und das Album dann düsterer ausklingen zu lassen. Aber wir wollten es genau umgekehrt machen. Es ergab Sinn, das Album in dieser triumphalen Art zu beenden.“

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