Cracker Island

Cracker Island

Produzent und Songwriter Greg Kurstin wurde für seine Arbeit mit Adele, Beck, den Foo Fighters und vielen anderen mit mehreren Grammy ausgezeichnet – und sein Hauptquartier in LA gleicht einer Schatzkammer. „Das Studio ist ein Museum für Synthesizer der 80er-Jahre und seltsame Instrumente“, sagt Kurstin gegenüber Apple Music. „Alles ist angeschlossen und sofort einsatzbereit.“ Das bemerkte auch Damon Albarn, als er dort ankam. Er war auf der Suche nach Produzent:innen für das achte Gorillaz-Album. Müde und nach eigener Aussage unsicher, ob er wirklich mit einem „Pop“-Produzenten arbeiten wollte, erkundete Albarn in aller Ruhe das Equipment und spielte hier und da ein paar Melodien auf dem Klavier, die Kurstin auf seinem Mellotron begleitete – zwei Musiker, die sich gegenseitig abtasten und nach Momenten kreativer Übereinstimmung suchen. Nach zwei oder drei Stunden war Kurstin ganz zufrieden, aber Albarns Managerin war besorgt. „Sie sagte: ‚Damon lässt sich einfach gerne treiben. Er wird dir nicht sagen, dass du irgendetwas tun sollst. Fang einfach an, etwas aufzunehmen‘“, erzählt Kurstin. „Das war das Signal, mich an die Arbeit zu machen.“ Er begann mit der Aufnahme und fügte Drums hinzu, während Albarn einen Synthesizer-Part baute. Noch bevor der Tag zu Ende war, hatten sie „Silent Running“ fertig. „Damon schien voller Energie zu sein“, sagt Kurstin. „Er war begeistert davon, wie sich der Song gegenüber dem Demo entwickelt hat. Ich war auch hingerissen. Er hat mich umarmt – und danach konnte es richtig losgehen.“ Die beiden entdeckten ihre gemeinsame Vorliebe für The Clash, The Specials, De La Soul und den Synthiepop der 80er-Jahre. Auch dadurch brauchten sie nur elf Tage, um aus Albarns iPad-Demos ein Album zu machen (abgesehen von der Bad Bunny-Kollaboration „Tormenta“, die bereits mit dem langjährigen Gorillaz-Produzenten Remi Kabaka Jr. aufgenommen wurde). Statt langer Vorplanung und Diskussion arbeiteten sie lieber spontan: Sie schmiedeten Disco-Funk („Cracker Island“ mit Thundercat) und sehnsüchtigen Synthiepop („Oil“ mit Stevie Nicks), zusammen mit Folk, Elektro und Punk („Skinny Ape“). Wie bei so vielen von Albarns Kompositionen sind diese Einflüsse in einer mitreißenden Wehmut verankert. „Ich neige zur Melancholie, selbst in einem lustigen Song“, sagt Kurstin. „Und Damon bringt das in seine Ideen ein. Als ich die Gorillaz zum ersten Mal hörte, dachte ich: ‚Oh, er versteht mich und die ganze Musik, die ich liebe.‘ Diese Verbindung habe ich immer gespürt. Das ist es, wonach du suchst – deine Leute.“ Track für Track spricht Kurstin über einige der Songs, die sie zusammen gemacht haben. „Cracker Island“ (feat. Thundercat) Thundercat auf das Album zu bringen, war wirklich eine tolle Sache – dieser wilde Uptempo-Disco-Song. Ich hatte gerade mit ihm gearbeitet und wir waren Freunde geworden. Ich schrieb eine Nachricht und er sagte: „Ja, auf jeden Fall, ich mache das.“ Es hat sehr viel Spaß gemacht, ihm bei der Arbeit zuzusehen und zu hören, wie er Melodien entwickelt. Er hat viel von dem gesungen, was Damon gesungen hat, und dann seine eigenen Ideen und die Harmonien hinzugefügt. Es ist immer wieder toll, ihm beim Spielen zuzusehen, denn er ist absolut fantastisch am Bass. „Oil“ (feat. Stevie Nicks) Dieser Kontrast zwischen Stevies Stimme und einem Gorillaz-Song ist unglaublich. Ich glaube, meine Frau, die auch meine Managerin ist, kam auf die Idee. Wir haben zusammen mit Damon überlegt: Wen könnten wir für dieses Projekt engagieren? Wen kennt er? Wen kenne ich? Ich hatte mit Stevie zusammengearbeitet und bin mit ihr gut befreundet. Damon war begeistert, er konnte gar nicht fassen, dass das überhaupt eine Möglichkeit war. Ich glaube, das hat Stevie sehr gerührt. Sie liebte die Texte und nahm die Sache sehr ernst, sie wollte wirklich allerbeste Arbeit leisten. Stevie ist einfach cool. Sie hört sich immer neue Musik an, sie ist mit allem, was passiert, vertraut und als Mensch einfach großartig. Ich liebe sie von ganzem Herzen. „Silent Running“ (feat. Adeleye Omotayo) „Silent Running“ war für mich der Leuchtturm und gab die Richtung vor, vielleicht auch für Damon. Dieses Stück hat den ganzen Prozess für uns in Gang gesetzt: „Das ist die Messlatte, das ist das, was wir tun können, und jetzt lass uns sehen, ob wir das sogar noch übertreffen können.“ Ich glaube, wir haben „Silent Running“ in zwei oder drei Stunden fertiggestellt. Das war der Spaß an der Sache, dieser Wirbelwind, in dem wir alles ausprobieren und dann einspielen – und ich mixe das Ganze auch noch irgendwie ab. Am Ende des Tages klang es dann wie ein fertiges Produkt. „New Gold“ (feat. Bootie Brown & Tame Impala) Kevin Parker ist einfach großartig. Ich war wirklich begeistert, an etwas zu arbeiten, bei dem er beteiligt ist. Damon hat das Stück mit Kevin angefangen und sich ein bisschen festgefahren, vor allem, weil es in einem seltsamen 6/4-Takt war – ein etwas verdrehter und schräger Groove. Irgendwie wurde die Fertigstellung immer weiter verschoben und wahrscheinlich wäre nie etwas daraus geworden. Aber dann kam Damon, brachte sich ein und begeisterte sich einfach dafür. Ich glaube, er mochte den Anfang, aber es war ziemlich schwer, den Song an ein sein Ende zu führen. Ich dachte: Okay, lass mich einfach versuchen, ihn in eine klare Struktur zu fassen. So kam der Ball wieder ins Rollen. Damon hörte es, arbeitete dann ein bisschen daran und glättete das Timing. „Baby Queen“ Nur Damon konnte mit einem so wilden Konzept für einen Song um die Ecke kommen. 1997 traf Albarn in Bangkok die junge Kronprinzessin, die bei einem Blur-Konzert crowdsurfte. Während er Songs für „Cracker Island“ schrieb, träumte er davon, zu erleben, wie sie heute ist. Als ich das Demo hörte, fand ich es einfach genial. Ich liebte es. Als Produzent habe ich versucht, einen verträumten Touch in den Song zu bringen. Er hat etwas Schwebendes, und das war etwas, woran ich mich orientierte, ich versuchte, diesen Traum zu vertonen. „Skinny Ape“ Es ist schon etwas wahnsinnig und verrückt, wie „Skinny Ape“ entstand. Ich hatte das Gefühl, dass ich die Kontrolle verloren hatte. Ich hatte keine Ahnung, was passierte und wie es sich entwickeln würde. Es gab viele glückliche Zufälle, wie zum Beispiel den seltsamsten, wildesten Sound in den Track zu werfen, vier andere Sachen auf stumm zu schalten und dann plötzlich zu sagen: Wow, klingt das cool. Es hat Spaß gemacht, die Drums in diesem Double-Time-Punkrock-Teil zu spielen, und Damon war begeistert, mir dabei zuzusehen. Dieses Gefühl, bei der Arbeit die Kontrolle zu verlieren, ist aufregend, weil es sehr unvorhersehbar ist und Dinge aus mir herausholt, die ich mir nie hätte vorstellen können. „Possession Island“ (feat. Beck) Ich fühle mich am wohlsten, wenn ich mit Beck zusammenarbeite und mit Damon geht es mir genauso. Ich fühle mich durch ihre Anwesenheit und ihre Arbeit angetrieben und suche nach Bereichen, die ich noch nie zuvor erforscht habe – klanglich sind das die tiefen, dunklen Ecken. Was kann ich anders machen, als ich es bei den meisten anderen Leuten tun würde? Es ist sehr leicht, in der Komfortzonen zu bleiben und bei dem, was einem leicht fällt, wenn man Musik macht. Die Arbeit mit Damon hat den kreativen Teil meines Gehirns aktiviert, der ein wenig eingeschlafen war. Ich muss mit solchen Leuten arbeiten, damit so etwas passiert. Damon hatte diesen Klavierpart während seiner Shows [„The Nearer the Fountain, More Pure the Stream Flows“-Tour]. Diese Melodie spielte er ständig, wo auch immer er gerade saß. Ich fing an, dazu auf der Konzertgitarre zu spielen, und dann bekam der Song nach und nach eine Art Flamenco-Einfluss und sogar einen Mariachi-Sound mit der Mellotron-Trompete. Ich liebe es, wie Damon und Beck zusammen singen und auf diese Weise miteinander interagieren, diese Harmonien, die ein bisschen nach den Walker Brothers klingen.

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