Everything Not Saved Will Be Lost Part 2

Everything Not Saved Will Be Lost Part 2

„Ich denke, es wird als Teil eines Gesamtwerkes in Erinnerung bleiben“, mutmaßt Foals-Frontmann Yannis Philippakis gegenüber Apple Music. „Es ist aber vielmehr die zweite Staffel der Show. Teil eins endete als Cliffhanger. Jetzt geht die Serie zu Ende und du bekommst hier das vollständige Bild.“ Das im März 2019 veröffentlichte „Part 1 Everything Not Saved Will Be Lost“ brachte den Foals ihre dritte Nominierung für den Mercury Prize für das beste britische oder irische Album des Jahres ein. Sieben Monate später lässt die Band Teil zwei folgen. Zunächst attackiert er die politischen und gesellschaftlichen Reflexionen des ersten Albums mit einer vollen Gitarrenbreitseite. Im Anschluss führen die bis dato kontemplativsten Klänge der Foals-Geschichte das Projekt zu einem ergreifenden Ende. Noch nie hatten die Briten so viel Kraft und so viel zu sagen. „Das Album ist anders“, sagt Philippakis. „Der Tonfall unterscheidet sich, ist zuweilen direkter und konfrontativer. Aber im Grunde entstammt alles derselben Zeit, derselben Petrischale.“ Hier führt uns Philippakis Track für Track durch das fulminante sechste Album der Band. Red Desert „Jimmy [Smith, Rhythmusgitarrist der Foals] hat diesen Song geschrieben und als er ihn schickte, klang er für mich wie ein alternativer Soundtrack zu „2001: Odyssee im Weltraum“. Er ist eine perfekte Vertonung dessen, was auf Teil eins folgt – eine unheimliche, leere Weite. Wir wollten Teil zwei mit einem großen Knall eröffnen und damit kommen wir zu …“ The Runner „Dieser Song schien bei den Leuten sofort auf Resonanz zu stoßen. Er ist zeitlich eindeutig nach Teil eins anzusiedeln: Einerseits handelt er von dem Willen, sich seinen inneren Kämpfen zu stellen, und steht vielleicht auch für die Kämpfe, die wir als Gesellschaft ausfechten müssen, um größere Probleme in den Griff zu bekommen. Andererseits geht es darum, nicht die eigene Entschlossenheit zu verlieren und in Verzweiflung oder Nihilismus abzudriften. Als wir das Riff geschrieben haben, gab es uns ein Gefühl körperlicher Befriedigung. Live merkten wir sofort, dass das Stück fester Bestandteil unseres Sets werden wird, was ich auch wirklich glaube. Es hat zudem das vermutlich geschmeidigste Gitarrensolo, das ich je geschrieben habe.“ Wash Off „Für dieses Stück haben wir im typischen Foals-Gitarrensound geschwelgt. Wir wollten, dass die erste Hälfte des Albums ein Gefühl von Bewegung vermittelt. Teil eins war etwas nachdenklicher oder strukturorientierter. Der ersten Hälfte von Teil zwei wollten wir dagegen eine echte musikalische Dringlichkeit geben. Auch die Texte verlangten nach einem Gefühl der Rastlosigkeit, der Unruhe, als ob man auf der Flucht vor Gefahren ist, eingebildeten wie realen. In diesem Song steckt eine Art Freude. Der Text bezieht sich auf ein selbstbestimmtes Leben und das Bemühen, dieses voll auszukosten. Ich wollte die Spinnweben abschütteln. Das Thema der Vergänglichkeit zieht sich durch das ganze zweite Album und ist besonders hier präsent.“ Black Bull „Bei der Entstehung des Riffs spürte ich sofort, dass der Song ‚Black Bull‘ heißen muss. Er hatte etwas Heidnisches, Urwüchsiges. Als ich anfing, über die Lyrics nachzudenken, wollte ich darin negative oder widersprüchliche männliche Eigenschaften einfangen: Größenwahn, Arroganz, Stolz, Gefühle der Unsterblichkeit – alles manisch aufgeladene Züge. Wir haben auch überlegt, wie das live rübergebracht werden kann. Er fühlte sich stark an. Stücke wie dieses und das Album ‚What Went Down‘ sind für uns Ausdrucksmittel einer Art von Wut.“ Like Lightning „Das ist einer der bluesigsten Songs, die wir je geschrieben haben. Ich glaube, wir wollten etwas, das sich physisch gut anfühlt, wie das Stampfen eines Erdbebens. Es steckt eine Nervosität, eine Art Paranoia darin. Es gibt Kräfte, die hinter dir her sind. Du musst in Bewegung bleiben und auf dich aufpassen. Kurz gesagt: Du musst überleben.“ Dreaming Of „Anfänglich war ‚Dreaming Of‘ einer der bis dato poppigsten Band-Songs. Mit der Zeit haben wir uns des Pops dann wieder entledigt. Ich denke, wir haben ihm etwas Merkwürdiges gegeben. Das bereits erwähnte Gefühl von Bewegung ist hier definitiv spürbar. Ich habe an Oxford gedacht, wo wir aufgewachsen sind, und daran, was wir seitdem geschafft haben. Die Turmspitzen von Oxford sind Teil einer längst vergangenen Zeit und ich wollte zum Ausdruck bringen, wie wir oft versuchen, uns von unserer Vergangenheit zu lösen. ‚The Runner‘, ‚Wash Off‘ und ‚Like Lightning‘ bilden eine Einheit, während ‚Dreaming Of‘ die zweite Albumhälfte einleitet.“ Ikaria „Dieses Lied heißt ‚Ikaria‘, weil das die Insel ist, bei der Ikarus abstürzte, nachdem er der Sonne zu nahe gekommen war. Der Ikarus-Mythos ist eine wunderbare Metapher für das, was heute in der Welt passiert. Trotz unser Technisierung und vermeintlichen Fortschritte stehen wir kurz davor, uns selbst auszulöschen. Ich mag, dass der Song auf die griechische Mythologie Bezug nimmt, aber auch die Grundthemen des Albums aufgreift. Er ist ein ruhiger Moment zum Luftholen, ein Übergang in die traumhafte zweite Hälfte. Als wir die Reihenfolge auf dem Album festlegten, fanden wir diesen Verlauf für den Abschluss der Platte perfekt. Nach der dunkleren, kantigeren ersten Hälfte geht alles langsam auf Abschied und Ende zu.“ 10.000 Feet „Als wir dieses Lied zusammen im Proberaum spielten, stellte ich mir vor zu fallen. Tausend Fuß hoch in der Luft zu tanzen und dann zu fallen. Unter anderem kommt daher auch der vorige Titel ‚Ikaria‘. Es hatte für uns etwas von einem offenen Himmel – offen und schwer zugleich. Die Strophe ist leicht und luftig, dann krachen Riff und Refrain auf die Erde. Im Text ist die Rede von der Verwandlung in einen ‚wedding ring you can wear‘. Die Inspiration dafür kam von einem Architekten in Mexiko, dessen Asche zu einem Diamantenring verarbeitet wurde. Das Bild ging mir nicht mehr aus dem Kopf. So kann man für immer leben – indem aus der eigenen Asche ein Diamant wird. Ich fand es sowohl makaber als auch schön.“ Into the Surf „‚Into the Surf‘ ist der wohl zärtlichste Song beider Alben. Ich wollte die Sehnsucht und Melancholie einfangen, wenn man fern von zu Hause ist und auf die Rückkehr eines geliebten Menschen wartet, der aber nie kommt. Der Song schrieb sich also fast von selbst. Das Album geht auch langsam seinem Ende entgegen. Ich mag, dass die Lieder über Vergänglichkeit zum Schluss kommen. Wenn du beim 18. Lied eines zwei Alben umfassenden Projekts angekommen bist, kannst du quasi nur Abschied nehmen.“ Neptune „Unter unseren eigenen Songs ist das hier einer unserer Favoriten. Nachdem die Kernstruktur stand, haben wir im Proberaum verschiedene Live-Takes aufgenommen und beschlossen, in der Mitte zu jammen. Das hier ist ein quasi ungeschnittener Jam, in den wir uns verliebt haben. Er ist unverändert, ergänzt durch ein paar Synthesizer und Background Vocals. Textlich ist dies das Ende der Reise: Vom Vereinigten Königreich mit seinen ‚weißen Bezirken‘ und Füchsen und den Bedrohungen aus Songs wie ‚Exits‘ im ersten Teil geht es nach Griechenland, das aber auch keine Zuflucht bietet. Am Ende stehen Zeilen über Dinge, die zu Ende gehen, beispielsweise über das digitale Leben danach. Ich fing an, mich dafür zu interessieren, was passiert, wenn Menschen sterben und ihre Social-Media-Accounts für immer online bleiben – wie seltsame digitale Mausoleen. Ich bin hier sehr mit meiner eigenen Sterblichkeit beschäftigt, mit der Frage, was als nächstes kommt. Ein großes, bombastisches Finale ist meines Erachtens die einzige Möglichkeit, ein ehrgeiziges Projekt zu Ende zu bringen – vor allem nach dem zurückgenommenen Ende von Teil eins.“

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