Monster (25th Anniversary Edition) [2019 Remaster]

Monster (25th Anniversary Edition) [2019 Remaster]

Alles hatte sich verändert, als R.E.M. im Jahr 1993 mit der Arbeit an „Monster“ begannen. „Wir waren irgendwie weg vom Fenster“, sagt Gitarrist Peter Buck gegenüber Apple Music. „Bis auf die Tatsache, dass wir mit unseren Platten unfassbar viele Einheiten verkauften.“ Zu diesen zählen „Out Of Time“ (1991) und „Automatic For The People“ (1992), ein doppelter Durchbruch, der für massenhaft GRAMMYs und Platinauszeichnungen sorgte – trotz einem ganzen Jahr Tour-Pause. Nach einem Jahrzehnt Bandgeschichte hatten sich R.E.M. von Indie-Lieblingen zu Veteranen der von ihnen initiierten Alternative-Revolution gewandelt, ja zu regelrechten Popstars. Es stand viel auf dem Spiel. „Doch einer der Vorteile des Erfolgs ist, dass man andere Dinge ausprobieren kann“, erklärt Buck. „Man sollte die Richtung ändern, sofern man die Möglichkeit dazu hat.“ R.E.M. wussten, dass sie wieder Konzerte spielen mussten und sie ganze Stadien füllen würden, und für diesen Anlass benötigten sie die passenden Songs. „Automatic For The People“ war glatt produziert, groß angelegt und stützte sich fast gänzlich auf warme und gemächliche Akustikgitarren, doch „Monster“ sollte das genaue Gegenteil davon werden. „Es ging uns um Intensität und Power“, sagt Buck. „Es sollten deutlich weniger langsame Songs dabei sein.“ Beeinflusst vom Glam Rock der 1970er entstand eine schmutzige, aber dennoch bedachte Reaktion auf ihren neugewonnenen Ruhm, verpackt in elektrische Gitarren, die trotz der Grunge-Welle kein R.E.M.-Fan derart heftig erwartet hätte. Michael Stipes Texte – aus verschiedenen Perspektiven und meist distanziert verfasst – sind ebenso undurchschaubar, seine Stimme so tief im Mix von Stammproduzent Scott Litt vergraben, dass dieser die Band in den vergangenen Jahren immer wieder um einen neuen Versuch bat. Dieser hier mitenthaltene Remix schmeichelt Peter Bucks Gitarren, hebt Stipes Stimme hervor und verleiht dem Album so einen neuen, zugänglicheren Touch. „Ich schätze, er wollte es so klingen lassen, als würden wir ‚Document‘ im Jahr 1987 spielen“, kommentiert Buck den neuen Mix. „Also strich er alles raus, was er für unwesentlich hielt. Ich finde den Mix gut – er gibt mir eine neue Perspektive auf dieses Album.“ Auch 25 Jahre später nimmt „Monster“ noch einen besonderen Platz im Katalog der Band ein. Die Aufnahmen wurden von diversen Tragödien begleitet: Der Tod von Stipes Freund und Schauspieler River Phoenix verzögerte ihren Beginn, während der Selbstmord von Nirvana-Frontmann Kurt Cobain das niederschmetternde „Let Me In“ inspirierte, der letzte Song, den sie für das Album aufnahmen. Dazu kamen gesundheitliche Probleme und die Geburt von Bucks Zwillingstöchtern. Die Anniversary-Reissue beinhaltet neben dem Original-Album und dessen Remix auch eine 1995er-Liveaufnahme aus Chicago sowie jede Menge großteils instrumentale Demos und verleiht so nicht nur diesem Album eine neue Dimension, sondern ergänzt unser Bild der Band zu jenem Zeitpunkt. Es ist mehr Momentaufnahme als zeitloser Klassiker, ein Wendepunkt zwischen zwei Abschnitten. „Ich kann mich erinnern, dass wir es sehr eilig hatten“, sagt Buck. „Es war das erste Mal, dass wir ein Album nicht perfektionierten. Die Kritiken waren durchwachsen und ich dachte: ‚Egal, wir konzentrieren uns auf das nächste Ding.‘ Wenn mich aber heute die Leute um Autogramme bitten, sehe ich da mehr ‚Monster‘ als irgendetwas anderes. Es ist zwar nicht mein Favorit, aber trotzdem ein Album, auf das ich richtig stolz bin.“ Hier kommentiert Buck nun einige Schlüsseltracks, seinen persönlichen Lieblingssong „I Took Your Name“ sowie das instrumentale Demo „Pete’s Hit“. What’s The Frequency, Kenneth? „Ich wollte nicht einfach nur ein beliebiges Solo spielen. Jede Woche hört man Millionen von Soli, also dachte ich: ‚Hey, ich mach’s rückwärts.‘ Es war einer der Tage, an denen man einfach mal das Band umdreht. Dieses Solo bricht sozusagen mit dem Hard Rock. Plötzlich wird es psychedelisch und abgefahren. Im neuen Mix taucht nicht so viel Tremolo auf, dadurch klingt es schnittiger. Mir persönlich gefällt jedoch das Original besser. Das Album repräsentiert, wer wir damals waren. Andererseits hätte auch der Remix Sinn gemacht, wäre er damals im Radio gelaufen, 1994 oder 1995.“ Crush With Eyeliner „Das sind ganz simple Akkorde, die durch das Tremolo leicht bedrohlich wirken. Stell dir gleichzeitig vor, in welche Richtung sich der Text bewegt. Wir kannten ihn lange gar nicht. Zum ersten Mal hatten wir bei einem Album für viele Songs keine fertigen Vocals. Als Michael schließlich zu schreiben begann, erkannte man darin starke Paranoia und Besessenheit. Nicht unbedingt aus der Ich-Perspektive, aber in Form von Charakteren. Das führte uns dazu, das Album sehr klaustrophob klingen zu lassen. Es war nicht unbedingt unser Ziel, aber es korrespondierte mit den Emotionen.“ Star 69 „Zu Zeiten von ‚Murmur‘ dachte ich noch, ein echter Songwriter muss 20 verschiedene Akkorde pro Song verwenden und fünf Mal die Tonart wechseln. ‚Star 69‘ zu spielen hat einfach nur großen Spaß gemacht. Die Dynamik des Songs steht im Vordergrund, die Akkorde wirken zwingend. Ich hätte nicht gedacht, dass sich die Leute noch nach 20 Jahren damit beschäftigen würden, wie ich das gemacht habe – denn es war total simpel. Ich dachte, selbst ein Zehntklässler würde es nachvollziehen können.“ Strange Currencies „Als ich den Song vorspielte, sage Mike [Mills]: ‚Peter, das ist die Bridge aus ‚Time Is On My Side‘.‘ Und er hatte recht – es war nicht ganz so hart, aber erinnerte daran. Also nannte ich es im Spaß ‚Time Is On Mike’s Side‘. Wir schusterten eine andere und doch ähnliche Bridge zusammen, und ich tüftelte an Arpeggios aus Geräuschen, die ich dem Beat anpasste. So kamen wir zu all diesen dengelnden, ziependen Sounds – auch die tauchen im neuen Mix nicht mehr so deutlich auf.“ Bang And Blame „Bis vor Kurzem dachte ich, dass der Track gar nicht auf diesem Album ist, sondern auf dem folgenden. Es ist wahrscheinlich der poppigste Moment der Platte und sticht ein wenig heraus. Ich mag den Song trotzdem. Lustigerweise haben wir ihn nie live gespielt. Oder etwa doch? Manchmal weiß man gar nicht, warum man diese Entscheidungen trifft. Zum Beispiel haben wir bis zur letzten Tour nie ‚Ignoreland‘ gespielt, obwohl ich den Song so sehr liebe. Oft hat man das Gefühl, dass etwas nicht ganz perfekt geworden ist. Erst Jahre später hört man etwas wieder und stellt fest: ‚Wow, das ist echt gut gemacht. Das ist ein toller Song.‘“ I Took Your Name „Das sind diese ‚Fun House‘-Akkorde! Ein weiterer Song, für den nicht besonders viel Songwriter-Talent nötig war. Er klingt einfach nur groß und einschüchternd. Auf jener Tour haben wir das durchgehend gespielt und bestimmt auch auf der letzten Tour 2008. Es klingt, als wäre der Song aus einem Jam entstanden. Alles folgt dem Klang der Gitarre, es entsteht etwas Gewichtiges daraus, indem wir alle einfach nur spielen.“ Let Me In „Ich weiß noch, wie ich im Abhörraum saß und Mike [Stipe] beim Aufnehmen beobachtete – und selbst da als Zuhörer im Studio war das total intensiv. Man spürte absolut, dass es um Kurt geht. Es ist wichtig, zu wissen, dass etwa ab der Hälfte der Aufnahmen bis zum Ende der Tour alles einfach nur unfassbar verrückt war. Keine Ahnung, was passiert wäre, wenn ich damals einfach nur zuhause gesessen hätte. Wir hätten auch beschließen können einfach ans Meer zu fahren und es in einem Jahr noch mal zu versuchen. Aber so waren wir einfach nicht drauf. Die Sache durchzuziehen ergab für mich viel mehr Sinn. Wir haben Höhen und Tiefen gemeistert, als Freunde und als Band, und wenn es drauf ankommt, halten wir zusammen und die Arbeit fühlt sich gut an.“ Pete’s Hit „Ich spielte das den Jungs vor und sie sagten: ‚Das ist ein Hit.‘ Ich entgegnete: ‚Ich weiß nicht, für mich fühlt es sich unvollständig an.‘ Es ist total catchy, aber ich denke, das war keine Qualität, nach der wir in diesem Jahr suchten. Ich versuche es immer wieder mit diesem Riff und diesen Akkorden. Wenn etwas gut ist, dann vergesse ich es nicht. Hin und wieder greife ich darauf zurück und füge etwas Neues hinzu. Aber bis jetzt ist nichts daraus geworden. Ich werde es wohl mit ins Grab nehmen, das ist in Ordnung. Andererseits: Vielleicht vollende ich es nächste Woche doch noch!“

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