Sorry I’m Late

Sorry I’m Late

„Es beschreibt eine Reise“, sagt Mae Muller gegenüber Apple Music über ihr Debütalbum „Sorry I’m Late“. „Ich bin als Frau und als Person erwachsen geworden und habe unheimlich viel gelernt. Ich denke, das kann man wirklich hören.“ Die Singer-Songwriterin aus dem Norden Londons begann bereits 2019 mit der Arbeit an ihrem ersten Album, noch bevor sie im selben Jahr mit Little Mix auf Tour ging und lange vor ihrem plötzlichen Ruhm als britische Kandidatin im Eurovision Song Contest 2023. Sie gibt zu, dass sie lange darauf gewartet hat, weshalb sie den banalen Titel so treffend fand. „Wir haben uns so viel Mühe gegeben, und dann ist der Titel so ein leichtfertiges ‚Sorry, dass ich zu spät komme, ich habe einfach alles schnell zusammengewürfelt, Leute‘. Ich fand das ziemlich lustig“, sagt sie.   Auf dem Album finden sich die treibende, freche Trennungshymne „I Wrote A Song“, die sie beim Eurovision Song Contest vor 162 Millionen Menschen weltweit performte, zusammen mit vielen Momenten, die die gleiche DNA teilen: augenzwinkernde Texte, die böswillige Ex-Freund:innen anprangert, zusammen mit luftigem und doch kraftvollem Kiss-off-Pop. „Wenn jemand mutig genug ist, mich wie Mist zu behandeln, dann muss dieser jemand auch mutig genug sein, die Folgen zu tragen“, mahnt sie. Aber Muller wollte mit „Sorry I’m Late“ nicht nur ihre, wie sie es ausdrückt, „Bad B, takes-no-shit“-Energie zeigen: Sie wollte auch eine weichere, verletzlichere Seite enthüllen. Auf „Sorry I’m Late“ verarbeitet sie ihre Unsicherheit (im akustischen „MTJL“), ihre Ängste (im an die All Saints erinnernden „Breathe“) und ihre Eifersucht („Tatiana“), wobei die Singer-Songwriterin oft auf sanften Synth-Pop – etwa in „Little Bit Sad“ oder „Nervous (In A Good Way)“ –, Streicher und sommerliche Bops zurückgreift. „Man muss eine starke Frau sein, ein Vorbild, und diese ermutigenden Hymnen schreiben – lange Zeit hatte ich das Gefühl, dass das das Einzige war, was ich zeigen konnte“, sagt sie. „Das ist ein so wichtiger Teil von mir. Dieses Album war wie eine Therapie. Seine verletzliche Seite zu zeigen, ist tatsächlich ermutigend. Es war beängstigend, aber ich bin froh, dass ich mich getraut habe. Ich hatte das Gefühl, dass ich mir das von der Seele reden musste.“ Hier spricht Muller über eine Auswahl von Songs, die diese vielen verschiedenen Seiten zeigen.   „Bitch With A Broken Heart“ Ich war in Schweden, und es war einer dieser Tage, an denen nichts geht. Ich dachte: „Oh nein, ich kann keine Musik mehr schreiben – mein Leben ist vorbei.“ Und dann legte Victor Rådström [von NEIKED] mit diesen Akkorden los und es blieb irgendwie hängen. Ich mochte es, dass es wie etwas klang, das man in einem Spielzeugladen hören würde. Den Widerspruch, dazu etwas wirklich Wildes zu schreiben, das übers Ziel hinausschießt, fand ich toll. Was Beziehungen angeht, lass ich nicht viel raus, aber wenn du dich einmal mit mir anlegst, wirst du es bereuen! Ich denke, dass der Beginn des Albums auf diese Art und Weise echt der Hammer ist.   „I Wrote A Song“ Das war ein großer Moment und ein wichtiger Punkt auf meiner Reise. Der Song stellt so vieles für mich dar, sogar, bevor er Teil des Eurovision Song Contest war – er fühlte sich kraftvoll an und machte Spaß und man kann dazu tanzen, egal, wer man ist. Ich merke, wie stark ich bin, wenn ich ihn singe. Natürlich war ich nach dem Eurovision Song Contest etwas besorgt, weil ich nicht wollte, dass das Lied in irgendeiner Weise in den Dreck gezogen wird – ich war schon ein bisschen enttäuscht und frustriert [Muller wurde Vorletzte im Wettbewerb]. Aber ich habe es überwunden und fühle mich stärker als je zuvor. Wenn ich das Lied spiele, fühle ich mich ermutigt und liebe es jetzt noch mehr als vorher.   „Me, Myself & I“ Ich war ziemlich abhängig von männlicher Bestätigung und davon, mit wem ich rede. Ich hatte das Gefühl, dass ich immer jemanden brauchte, der für mich da ist. Zum ersten Mal hatte ich das nicht, und ich dachte, ich wäre ein bisschen verloren oder gelangweilt oder niedergeschlagen, aber ich fühlte mich so gut. Manchmal, wenn man allein ist, lernt man sich selbst kennen – das klingt wie ein Klischee. An dem Tag, an dem wir das hier geschrieben haben, habe ich mich selbst gespürt. Ich wollte dieses Selbstwertgefühl und dieses Girl-Power-Empowerment-Zeug schreiben, weil ich mich wirklich so fühlte, und ich war stolz auf mich, dass ich diesen Punkt erreicht hatte. Es war wie: „Du brauchst keinen Mann – und dieses Mal meinst du es Ernst!“   „Tatiana“ (feat. Dylan) Wir alle empfinden Eifersucht, und es ist ein hässliches Gefühl. Man will nicht das eifersüchtige Mädchen sein, aber es passiert und ist ganz natürlich. Für mich war es wichtig, den Song wie ein offenes Gespräch wirken zu lassen: Jemand anderes hat mich dazu gebracht, mich so zu fühlen, also lass uns darüber reden. Es ist seltsam: Ich bin meistens cool und entspannt, aber dann gibt es doch diese Momente. Der Song ist in gewisser Weise wie eine moderne „Jolene“ entstanden. Ich wusste, dass mich in der zweiten Strophe ein anderes Mädchen begleiten sollte, also habe ich Dylan gefragt, weil ich sie toll finde und wir befreundet sind.   „MTJL (Maybe That’s Just Life)“ Das Verrückte ist, dass ich diesen Song am selben Tag wie „Me, Myself & I“ geschrieben habe. Nach einem so großen, poppigen Song wollte ich sehen, was bei diesem Lied herauskommt. Karl Ivert, ein großartiger Songwriter und Künstler, fing an, auf der Gitarre zu klimpern, und ich weiß nicht, was passiert ist, ich fühlte mich plötzlich ziemlich ausgeliefert. In der Sekunde, in der er anfing zu spielen, wusste ich, was für einen Song ich schreiben wollte. Er sollte wie ein Tagebucheintrag klingen. Ich wollte mich selbst auf die Probe stellen und herausfinden, wie viel ich zu teilen bereit war. Jedes Mal, wenn ich es jemandem vorspiele, ist es irgendwie peinlich – ich muss versuchen, nicht zu weinen, denn am Ende heißt es: „Ich verdiene Gutes und ich verdiene es nicht, mich deswegen selbst zu verurteilen. Das ist ganz normal und es ist okay.“ Ich reagiere nicht so auf meine eigene Musik, ich werde nicht emotional, weil ich weiß, dass ich das Lied schon eine Million Mal gehört habe, schließlich stammt es von mir. Aber dieser Song, der trifft mich.   „Breathe“ Ich war zu dieser Zeit in meinem Leben sehr verängstigt und wusste, dass ich einen Song über dieses Gefühl schreiben wollte. Aber ich dachte nicht, dass ich diese Art Künstlerin wäre. Ich habe ihn so geschrieben, dass es um alles Mögliche gehen könnte. Auch wenn er von einer Beziehung handeln könnte, so ging es für mich einfach darum, mit meinen eigenen Ängsten umzugehen und zu zeigen, wie sie mein Leben beeinträchtigten. Es ging darum, sie zu personifizieren: Es gibt eine Zeile, in der ich singe: „Du hast mich nicht verdient, du hast es nicht verdient, dass ich mich so fühle.“ Das ist witzig, denn das funktioniert auch in Beziehungen oder in einer Freundschaft. Wenn man etwas falsch gemacht hat, heißt es: „Du hast mich nicht verdient, und das hast du auch nie“, und ich habe das Gefühl, dass es genauso ist, wenn man mit bestimmten Gefühlen zu kämpfen hat. Der Song soll ausdrücken: „Mir geht es eigentlich richtig gut und du machst es gerade kaputt.“ Ich habe wirklich an diesen Song geglaubt.   „Nervous (In A Good Way)“ Ich war an einem Punkt, an dem ich die Hoffnung [auf Beziehungen] verloren hatte. Dann findest du etwas, das rein ist und dich daran erinnert, was Liebe ist und wie sie sich anfühlen sollte. Ich fühlte mich fast wieder wie ein Kind und es brachte mir diese Naivität und die junge Liebe zurück. Ich glaube, das kommt in dem Song rüber: Er ist groß, es gibt so viele Dinge, die passieren könnten, so viele Möglichkeiten. Ich wollte, dass der Gesang wie ein Flüstern klingt, weil es eigentlich ein sehr intimes Lied zwischen zwei Menschen ist, es ist verletzlich. Es heißt: „Wir haben beide viel Mist durchgemacht, ich weiß nicht, ob du fühlst, was ich fühle, ich bin nervös und zittrig in deiner Nähe.“ Der Drive in diesem Song ist das, was die Aufregung ausmacht. Es ist dieses Gefühl der Schmetterlinge im Bauch.   „Something Real“ Ein kleiner Pop-Rock-Moment! Ich war frustriert, als ich den Song geschrieben habe – von den sozialen Medien, von Beziehungen; nichts gab mir das Gefühl, lebendig zu sein, alles fühlte sich wie Stillstand an. Ich fragte mich, ob das tatsächlich alles sein sollte, was meine frühen Zwanziger zu bieten haben. In dem Song schlage ich einfach um mich: Ich will, dass etwas kommt und mich aus den Socken haut und mich fühlen lässt. Aber es geht auch um Unsicherheiten – es gibt die Zeile: „Ich habe das Gefühl, dass ich meine besten Jahre schon hinter mir habe, ich habe das Gefühl, dass mir die Zeit davongelaufen ist.“ Und das ist etwas, was man in der Musikindustrie oft zu spüren bekommt. Das Gefühl, mit 23 Jahren seine besten Jahre hinter sich zu haben, ist Wahnsinn, aber es kommt einem manchmal so vor. Alle sind immer auf dem Sprung zur nächsten Sache. Das war meine Art, es herauszuschreien – und die Aufnahme dieser Vocals war eine echte Befreiung.

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