i used to think i could fly

i used to think i could fly

„Growing up is chaotic“, singt Tate McRae auf ihrem Debütalbum – und das ist vor allem dann der Fall, wenn du eine Top-10-Single in mehreren Ländern und über eine Milliarde Streams erreicht hast, bevor du die Highschool abgeschlossen hast. Nachdem ihre ergreifende Ballade „you broke me first“ aus dem Jahr 2020 die ehemalige aufstrebende Tänzerin zur kanadischen Ehrencousine von Billie Eilish gemacht hat, verbringt McRae einen Großteil ihres Debütalbums damit, uns zu versichern, dass der Erfolg sie nicht verändert hat. Noch immer fühlt sie sich verwirrt, ängstlich und durcheinander wie jede andere 18-Jährige. Dieses aufgewühlte Gefühl ist bereits im Albumtitel enthalten: „i used to think i could fly“ („Ich dachte immer, ich könnte fliegen“) – ein Satz, der für McRae den Verlust von Unschuld und Idealismus auf dem Weg zum Erwachsensein bedeutet. „Wenn du jünger bist, scheint alles möglich zu sein“, sagt McRae gegenüber Apple Music. „Anfangs gehst du nicht davon aus, dass dir Höhen Angst machen, weil dir niemand gesagt hat, wovor du Angst haben könntest. Niemand hat dir bisher einen Stempel aufgedrückt. Ich habe mich schon immer dafür interessiert, wie das Leben dich prägt, wenn du älter wirst, und wie die Menschen, mit denen du dich umgibst, dich als Person formen.“In McRaes Fall spielen sich diese transformativen und traumatischen Momente oft im Kontext toxischer Beziehungen ab, die von Drogenmissbrauch, Untreue und Einschüchterung geprägt sind. Die Sängerin hat ein feines Gespür für die subtilen Wendepunkte in einer Partnerschaft, die unweigerlich zum Scheitern verurteilt sind – etwa wenn ihr Freund erstmals vergisst, ihr eine gute Nacht zu wünschen. Doch obwohl „i used to think i could fly“ auf McRaes vertrauter Grundlage von schmerzerfüllten akustischen Melodien und einer atmosphärischen, von Trap inspirierten R&B-Produktion aufbaut, entfaltet das Album auch eine gewisse Pop-Punk-Energie, die die Selbstmitleidsorgie unterbricht. „Ich wollte nicht, dass sich dieses Album wie ein Schmoll-Album anfühlt“, sagt McRae. „Ich wollte, dass die Leute Momente haben, in denen sie weinen können und das Gefühl haben, sich identifizieren zu können. Aber ich wollte auch, dass sie das Gefühl haben, dass ich eine ‚Bad Bitch‘ bin. Ich wollte einfach alle Aspekte meines Denkens abhaken.“ Hier spricht McRae mit uns über ihre mentale Checkliste, Track für Track. „?“Im Prinzip habe ich mein Handy genommen und alles aufgenommen. Ich saß im Flugzeug und scrollte durch alle meine Sprachnotizen, weil mir sehr langweilig war, und fand diesen einen Clip. Ich schnitt ihn zusammen und fügte eine Menge Effekte hinzu. Dann dachte ich, dass das ein echt cooler Anfang für das Album sein könnte. Früher habe ich Juice WRLD oft so etwas machen hören. Das hat mich wirklich inspiriert. Ich wollte den Leuten eine Art Kontext geben, was der Albumtitel für mich bedeutet. „don’t come back“Viele meiner Songs auf diesem Album sind sehr selbstkritisch und manchmal selbstironisch – es sind einige der intensivsten Songs, die ich je geschrieben habe. Aber ich wollte, dass das Album mit etwas Leichterem beginnt, mit etwas, das sich irgendwie ermutigend anfühlt. Es ist die Interpretation eines Nelly-Songs [„Ride Wit Me“], was super cool ist – so etwas habe ich noch nie gemacht. „i’m so gone“„don’t come back“ fühlt sich eher wie ein kleiner Opener an, während „i’m so gone“ definitiv von einer realen Situation handelt. Ich gehöre zu der Sorte Mensch, die, wenn sie eine Beziehung hinter sich lässt, sagt: „Ich werde aufrecht durch mein Leben gehen und nicht zulassen, dass du die Dinge ruinierst, die ich in letzter Zeit erreicht habe.“ Ich wollte, dass die beiden Songs auf der gleichen Wellenlänge liegen, aber man merkt, dass dieser Song eine verletzlichere Seite hat und ein bisschen sensibler ist als „don’t come back“ – ich fand das eine coole Dynamik. „what would you do?“Ich hatte keine Ahnung, wie der Song werden würde, als ich ihn schrieb. Ich habe ihn mit Charlie Puth und Alexander 23 verfasst und es war eine wirklich spannende Situation, weil ich absolut nicht wusste, was Charlie auf seinen Millionen verschiedenen Instrumenten, die er spielt, kreieren würde. Ich habe einfach angefangen, über diese echten Gefühle zu schreiben, und am Ende dachten wir alle: „Was zum Teufel haben wir da gerade geschrieben?“ Das ist so ein verrückter Song. Mit einem Tempowechsel zu schreiben, war für mich fremd. Es war ein großes Risiko für mich als Künstlerin. „chaotic“Ich war im Studio von Greg Kurstin und hatte mit vielen Leuten geschrieben. Allerdings kamen keine Songs zustande, mit denen ich mich wirklich identifizieren konnte. Ich glaube, das lag daran, dass sich in meinem Leben viel verändert hat – ich hatte die Highschool abgeschlossen, war 18 geworden und nach L.A. gezogen, wo ich mich zum ersten Mal in meiner eigenen Haut wohlfühlte. Ich hatte keine Ahnung, wer ich war. Und ich glaube, das war eines der ersten Male, dass ich mich in einer Session hinsetzte und dachte: „Okay, ich muss wirklich darüber reden, wie es um meine Psyche steht, denn ich weiß nicht, ob es ihr gut geht.“ Ich hätte nicht gedacht, dass ich diesen Song veröffentlichen würde, weil er so persönlich für mich ist. Ich hatte wirklich Angst, ihn zu veröffentlichen. Zunächst habe ich ihn ganz leise auf meinem Computer geschrieben und dann bin ich eine Stunde später durch das Studio gelaufen, habe Greg ein High Five gegeben und bin gegangen. „hate myself“Ich habe das Gefühl, dass man sich selbst in [gescheiterten] Beziehungen als Erstes zum Opfer macht, weil es am einfachsten ist, der anderen Person die Schuld zu geben. Und ich habe das Gefühl, dass ich in dieser Hinsicht das genaue Gegenteil bin – oft nehme ich die Schuld für alles auf mich und überanalysiere alles, was ich falsch gemacht habe, um etwas in mir zu zerstören. Die Zeile „After I just put you right through hell/You couldn’t hate me more than I hate myself“ („Nachdem ich dich durch die Hölle geschickt habe/Kannst du mich nicht mehr hassen als ich mich selbst hasse“) – ist, so finde ich, eine wirklich coole Art, an diese Situation heranzugehen. An dem Tag, an dem ich das geschrieben habe, war ich gerade frisch getrennt. Du kannst hören, wie meine Stimme bricht, weil ich bei den Aufnahmen tatsächlich geweint habe. Ich nehme in dem kompletten Song die Schuld auf mich und habe das Gefühl, dass ich der Bösewicht in der Geschichte bin. Doch dann kommt die Bridge und es gibt einen Punkt, an dem es heißt: „Ich weiß, dass du mit einer anderen Person glücklicher sein wirst, und das ist das Schmerzhafteste auf der Welt für mich.“ Das macht den Song so herzzerreißend. „what’s your problem?“Ich finde, diese Platte beschreibt mich als Person hervorragend, denn ich habe das Gefühl, dass ich so viele verschiedene Seiten meiner Persönlichkeit habe, die sich in jeder Sekunde ändern können. Es ist schon verrückt, denn ich habe ja „hate myself“ geschrieben und ein paar Monate später wurde mir klar: „Oh, deshalb habe ich mir die Schuld gegeben – weil er mich dazu gebracht hat, mich zu hassen!“ Als ich den Song schrieb, fügte ich die Zeile „You made me hate myself just so that I can love you more“ („Du hast mich dazu gebracht, mich zu hassen, damit ich dich mehr lieben kann“) ein. Es war sehr cool, über die Perspektive eines Manipulators zu sprechen und darüber, wie sehr dich das seelisch fertigmachen kann. „she’s all i wanna be”Dieser Song war eigentlich eine Ballade. Ich habe ihn mit Greg Kurstin geschrieben – und saß in der einen Ecke des Raumes mit meinem Computer, während er diese echt deprimierenden Klavierakkorde spielte. Ich scrollte den ganzen Tag durch die sozialen Medien und hatte die schlimmsten Vergleichsgefühle. Ich weiß noch, dass ich in dem Moment lieber irgendjemand anders auf der Welt gewesen wäre. Ich verspürte einfach diese wirklich toxischen Gefühle von Neid, Unsicherheit und Eifersucht. Ich schrieb den Song in etwa einer Stunde – und vier Tage später schrieb ich Greg eine E-Mail und fragte: „Hey, kannst du daraus einen poppigeren Song machen?“ Er meldete sich mit einem tollen Gitarrenpart und machte daraus einen richtig coolen Punksong. Das hat die Energie vollkommen verändert und dem Song ein ganz neues Leben eingehaucht. „boy x“Das war das erste Mal, dass ich mit Alex geschrieben habe. Und ich hatte nur diese eine Zeile in meinen Notizen: „But when you get bored, like you always do/Just tell me that you’ll let her go before you look for someone new.“ („Aber wenn du dich langweilst, wie du es immer tust / Sag mir einfach, dass du sie gehen lässt, bevor du dir jemand Neuen suchst.“) Ich wollte einen Song über abschweifende Blicke schreiben – wenn die Augen einer Person zu wandern beginnen, bevor sie die Beziehung tatsächlich beendet. Alex und ich saßen in einem Garten, er klimperte auf seiner Gitarre und ich begann, dieses Mädchen zu beschreiben. Es entstand eine komplette Geschichte um diese eine Zeile herum. Am Ende haben wir dann gemerkt, dass ich permanent, während ich improvisiert und geschrieben habe, eigentlich mich selbst beschrieben habe. „you’re so cool“In diesem Song geht es um viele verschiedene Menschen – also keine Sorge, ich mache mich nicht nur über eine bestimmte Person lustig! Ich hatte nie die Erfahrung gemacht, wie schrecklich es ist, unter Menschen mit riesigen Egos zu sein. Da ich aus Calgary, im kanadischen Alberta, komme, fühle ich mich sehr geerdet – manchmal scherze ich, dass ich schon fast ein negatives Ego habe. In diesem Song wollte ich darüber sprechen, wie verrückt es ist, dass man sich im Spiegel ansehen kann und so besessen von sich selbst ist, dass man sich für das Allerbeste hält und alle anderen um sich herum so behandelt, als wären sie das Schlimmste, das es gibt. Ich war irgendwie schockiert, solche Leute zu treffen. „feel like shit“Bis zu diesem Sommer hatte ich noch nie echten Herzschmerz erlebt. Ich wusste immer, wie man über kleine Dinge schreibt und sie dann aufbläst. Aber als ich zum ersten Mal dieses große Gefühl erlebte, wusste ich nicht, wie ich darüber schreiben sollte. Ich brauchte ewig, um zu verarbeiten, was los war, bis ich eines Tages ins Studio ging und sagte: „Ich fühle mich echt beschissen.“ Also habe ich diesen Song darüber geschrieben. „go away“Es ist wirklich verrückt, wie sehr du dich bei einer Person verrennen und nur noch an diesen einen Menschen denken kannst – egal, wie toll dein Leben sonst gerade ist. Ich habe einige Erfahrungen gemacht, von denen ich immer geträumt habe. Dazu gehören Momente, in denen ich super präsent hätte sein sollen, in denen ich glücklich auf dem Höhepunkt meines Lebens hätte sein sollen. Es ist unglaublich, dass eine Person, die dich nicht loslässt, all deine Gedanken in Anspruch nehmen und dich von allem ablenken kann, was gut für dich ist. Dieser Song war für mich eine coole Art, das Album zusammenzufassen: Ich sollte jetzt alles genießen und das Gefühl haben, dass mein Leben großartig ist – und ich tue es nicht, weil du das Einzige bist, an das ich denken kann. „i still say goodnight“FINNEAS ist schon seit Langem eine große Inspiration für mich und es war mir eine Ehre, mit ihm an diesem Song zu arbeiten. Er spielte zu Beginn diese wunderschönen, klassischen Klavierakkorde, die sich für mich wie der Abspann eines alten Films anfühlten. Ich bin ein sehr visueller Mensch – wenn ich singe, spielt sich ein Film in meinem Kopf ab. Ich schreibe das, was ich sehe. In dieser Situation stellte ich mir diese eine Sache vor, an die ich mich von einer bestimmten Person erinnere: Wenn sie mich anlügt, zuckt sie immer auf eine bestimmte Weise mit den Augen. Ich erinnerte mich genau an diesen Blick, den sie mir zuwarf. Es ist schon verrückt, etwas zu glauben, obwohl man weiß, dass es eine Lüge ist. Und am Ende komme ich mir so dumm vor, weil ich immer noch denke, dass es das letzte bisschen Hoffnung in einer Beziehung ist, sich gute Nacht zu sagen. Es ist manchmal das Letzte, woran man sich festhält, bevor man sich trennt.

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