Hindemith: Nusch-Nuschi Tänze, Sancta Susanna, Op. 21 & Symphony "Mathis der Maler"

Hindemith: Nusch-Nuschi Tänze, Sancta Susanna, Op. 21 & Symphony "Mathis der Maler"

Kurz vor der Pandemie schlug Marin Alsop als Chefdirigentin des ORF Radio-Symphonieorchesters Wien ein neues Kapitel in ihrer Karriere auf. Nach Stationen bei den Sinfonieorchestern von Bournemouth, São Paulo und Baltimore stellte die US-Dirigentin schnell fest, dass ihr neues Ensemble einen ganz anderen Ansatz verfolgte. „Überraschenderweise ist das Standardrepertoire nicht wirklich das Metier dieses Orchesters“, sagt sie gegenüber Apple Music. „Es ist bedeutend vielseitiger und weitreichender. Wahrscheinlich könnte ich nirgendwo sonst auf der Welt sagen: ‚Ich würde gerne Hindemith in meinem Eröffnungskonzert aufführen‘, und die Antwort wäre: ‚Möchten Sie das mit etwas Ausgefallenem kombinieren?‘ Ich dachte: ‚Ah, okay – das hier ist definitiv nicht mehr Kansas.‘“Das Album präsentiert die Hindemith-Werke aus diesem Eröffnungskonzert, aufgenommen im wunderschönen und akustisch überwältigenden Wiener Konzerthaus. Paul Hindemith ist ein Komponist, der selten Leidenschaft hervorruft – aber wenn er es tut, dann mit großem Enthusiasmus. Zweifellos ist seine Rolle in der Musik des 20. Jahrhunderts von enormer Bedeutung – sei es als Komponist, als Bratschist oder als Lehrer. Er nahm eine Schlüsselrolle ein bei der Einführung der musikpädagogischen Ausbildung in der Türkei und er lehrte in den USA. „Vielen wird eventuell seine pädagogische Arbeit beispielsweise in Yale bekannt sein“, meint Alsop, „aber nicht unbedingt sein Engagement für junge Menschen und unterversorgte Gemeinden.“ Das ist etwas, das der sozial engagierten Dirigentin sehr am Herzen liegt. „Ich glaube, je mehr Informationen man über die Schöpfer:innen hat, darüber, was sie in diesem Moment erlebt haben und über die Inspiration für das Stück, desto überzeugender kann man werden“, fügt Alsop hinzu. „Unsere Aufgabe ist es, die Botschafter der Komponist:innen zu sein.“ Lies weiter und lass dich von Alsop Werk für Werk durch dieses Album führen.„Nusch-Nuschi-Tänze“Ich war auf der Suche nach einer Ergänzung für das Album und mein Kollege, der Orchesterleiter Christoph Becher, schlug diese drei Tänze vor. Ich hielt sie für perfekt, weil sie ebenfalls aus einer anderen kurzen Oper stammen. Und die Oper bildet das Bindeglied in diesem Programm. Es schien also alles in den Kontext zu passen und es sind einfach wunderbare, charaktervolle Tänze.„Sancta Susanna, Op. 21“Das ist eine von Hindemiths frühen kurzen Opern – nicht mal eine halbe Stunde lang. Die Geschichte hat bei der Uraufführung einiges Aufsehen erregt und ist immer noch durchaus umstritten, aber ich tendiere dazu, mich ihr vielleicht aus einer eher feministischen Richtung zu nähern. Als wir das Stück in Wien aufführten, reagierte das Publikum sehr gut und fand es ziemlich cool. Es endet damit, dass die Nonne Susanna den Lendenschurz von einer Christusstatue reißt. Statt die Vergebung des Klosters anzunehmen, bittet sie darum, eingemauert zu werden – so wie ein anderes junges Mädchen Jahre zuvor wegen Blasphemie. Allein durch diese Tat erlangt sie eine Stärke, die auch ihr ganz neu war. Eine wirklich kraftvolle Geschichte.„Symphony ‚Mathis der Maler‘“Ich habe dieses Stück oft aufgeführt – es war lange Jahre eines meiner Lieblingsstücke, weil mein Lehrer Leonard Bernstein es mir in Tanglewood vorgestellt und beigebracht hat. Auf die erste Seite meiner Partitur hat mir Lenny eine Widmung zu „Mathis der Maler“ geschrieben. Das war wirklich nett. Er liebte das Stück und war ein großer Fan – sowohl der Sinfonie als auch von Hindemith als Komponist. Die „Sinfonie ‚Mathis der Maler‘“ ist interessant, weil Hindemith sie komponierte, während er an der gleichnamigen Oper schrieb. Natürlich ist jedes Stück, das ein Komponist schreibt, auf irgendeine Weise autobiografisch – das geht gar nicht anders. Ich denke also immer, dass Hindemith sich mit seiner eigenen persönlichen Rechtfertigung für sein Künstlerdasein auseinandersetzt. Mathis – Matthias Grünewald – war ein Maler, der im 16. Jahrhundert den Isenheimer Altar schuf. Die drei Tafeln des Altars bilden die drei Sätze der Sinfonie. Hindemith erlebte beide Weltkriege und hatte schwer mit der Reaktion der Nazis auf seine Musik zu kämpfen. Es war also eine Zeit des großen Traumas und wie er damit umging, zeigt sich in vielen seiner Stücke.

Wähle ein Land oder eine Region aus

Afrika, Naher Osten und Indien

Asien/Pazifik

Europa

Lateinamerika und Karibik

USA und Kanada