Blaue Stunde (Deluxe Edition)

Blaue Stunde (Deluxe Edition)

Mit seinen Alben „Journey to Jah“ und „Confidence“ Reggae-sozialisierte Gentleman Anfang der Nullerjahre eine Generation. Die Pointe: Damals, mit dem Internet noch in den Kinderschuhen, dachten die allermeisten, sie würden einen jamaikanischen Sänger hören. Dass der Interpret eigentlich Tilmann Otto hieß und in der Kölner Südstadt aufgewachsen war, wussten lange die wenigsten – immerhin sang Otto, zumindest für Deutsche, überzeugendes Patois. Umso überraschender ist es, dass er das neue Gentleman-Album, mehr als zwanzig Jahre nach seinem Debüt, nun in seiner Muttersprache aufgenommen hat.Es heißt „Blaue Stunde“ – und der Name ist Programm. Jene Abendstunde, während der der Himmel besonders schön erscheint, nutzten deutschsprachige Dichter schon vor Jahrhunderten zum Nachdenklichsein. Ein Geisteszustand, der auch bei Gentleman zu einer gewissen Melancholie führt. Allerdings nutzt er diese dennoch, um Songs zu schreiben, die das Leben, die Menschen, die Menschlichkeit und die Natur feiern. Insbesondere in diesem unwirklichen Jahr ist das mehr als erstaunlich. Während der Herbst 2020 allgemein geprägt ist von nachdenklichen Songs, die sich mit dem Verschwinden unseres gewohnten Alltags beschäftigen, geht Gentleman „mit Zuversicht nach vorn“, wie er es in „Ahoi“, dem Opener des Albums, selbst ausdrückt. Was folgt, ist eine Platte zwischen musikalischem Traditionalismus und neuen Einflüssen. Wer schon ein Gentleman-Album gehört hat, wird sich hier trotz der deutschsprachigen Lyrics sofort zu Hause fühlen. Nichtsdestotrotz gibt es auf „Blaue Stunde“ auch ein paar gelungene Überraschungen wie „Devam“, in dem Gentleman den Schulterschluss mit zwei der aktuell erfolgreichsten Rapper Europas sucht: Luciano und Ezhel. Summa summarum: ein rundes Album, das ein wenig mehr Licht in diesen bislang so tristen Herbst bringt.

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