

Weltweit bekannt geworden als quirlige TikTok-Influencerin, wirkte es 2024, als vollziehe die Sängerin, Tänzerin und Schauspielerin eine komplette Neuerfindung: Erst übertönte Addison Raes Stimme temperamentvoll den „Von dutch“-Remix ihrer Mentorin Charli xcx, dann veröffentlichte sie das sinnliche „Diet Pepsi“ – eine Single, die selbst Skeptiker:innen überzeugte. Tatsächlich stellte sich die Künstlerin gerade neu vor. „Ich wusste schon immer, dass ich Musik machen und auftreten will“, sagt Rae gegenüber Zane Lowe von Apple Music. „Das war mir bereits als kleines Mädchen klar.“ Und TikTok erwies sich für eine Jugendliche aus Lafayette, Louisiana, als perfektes Sprungbrett in die scheinbar unerreichbare Welt des Showbusiness. Während sie in L.A. ihren Traum vom Popstar verfolgte und in Studiosessions an den Songs ihrer polarisierenden Debüt-EP „AR“ aus dem Jahr 2023 arbeitete, verließ sich Rae auf die Profis. „Als ich hierherzog und mit Aufnahmen begann, dachte ich: ‚Ich brauche so viel Anleitung wie möglich‘“, erzählt sie. „Doch mit der Zeit fing ich an, auf mich selbst zu vertrauen und an meine eigenen Fähigkeiten zu glauben.“ Im Februar 2024 traf Rae die Songwriterinnen und Producerinnen Elvira Anderfjärd und Luka Kloser, die beide aus dem kreativen Umfeld des schwedischen Poptitans Max Martin kommen. Noch am selben Tag schrieb sie die prickelnde Hook zu „Diet Pepsi“. „‚Diet Pepsi‘ war der natürliche Auftakt für alles, was danach kam“, sagt Rae. „Ich denke, in vielerlei Hinsicht war es der perfekte Einstieg.“ Es war der Startschuss für eine Reihe von Singles, von denen jede eine unerwartete neue Facette zeigte: vom stimmungsvollen „High Fashion“ in Moll bis zum Björk-inspirierten „Headphones On“. Passend dazu verzichtet ihr Debütalbum auf das „Rae“ und erscheint schlicht unter dem Titel „Addison“. Es ist eine Sammlung verträumter, intensiver Popsongs, die nach Selbstfindung klingen und weniger durch das Genre als durch die Stimmung zusammengehalten werden. Tracks wie „Fame is a Gun“ und „Money is Everything“ pendeln souverän zwischen Ironie und Ernsthaftigkeit: „You’ve got a front-row seat, and I/I got a taste of the glamorous life!“ („Du sitzt in der ersten Reihe und ich / Ich krieg’ einen Vorgeschmack aufs Glamourleben“), zwinkert sie charmant in „Fame is a Gun“, einer schillernden Synthiepop-Nummer über die Schattenseiten des Ruhms. Die Songs auf „Addison“ sind nicht gerade Club-Knaller, obwohl sie von Raes Kindheit als Tänzerin geprägt sind. Ebenso wenig drängen sie sich als offensichtliche Chartstürmer auf. Aber die Sängerin genoss die Möglichkeit, ihren kreativen Instinkten freien Lauf zu lassen. „Sobald du anfängst, auf Nummer sicher zu gehen, und bloß das machst, was andere erwarten, verschwindet deine Freiheit“, erklärt sie. „Du verlierst jede Lust auf das, was dich ursprünglich angetrieben hat: Musik als Ausdruck, als Spiegelbild von dir selbst. Es ist viel beängstigender, das aufzugeben und etwas abzuliefern, das andere zu wollen glauben.“ Rae hat beim Schreiben des Albums viel gelernt: „Gönn dir spielerische Freiheit. Hab Spaß, erlaube dir, Fehler zu machen“, sagt sie. „Ich sage nicht: ‚Okay, das hier bin jetzt wirklich ich.‘ Nein – das war ich schon immer. Und diese Erfahrungen haben mich hierhergeführt und zu der geformt, die ich jetzt bin. Es geht um Ankommen – anzukommen bei der Person, zu der ich durch all die Höhen und Tiefen wurde und die ich jetzt bin.“