Wie kann eine Band ihre bislang grösste Tour und ihre offizielle Anerkennung als Rock-Halbgötter noch übertreffen? Indem sie eine noch gigantischere Tour veranstaltet, die ihren überlebensgrossen Status sowohl auf die Schippe nimmt als auch auf ein neues Level hebt. Bereits Jahre vor dem Internet waren die Ideen von Informationsüberflutung und oberflächlicher Idolverehrung allgegenwärtig. Während „The Joshua Tree“ aus dem Jahr 1987 von den weiten amerikanischen Landschaften inspiriert wurde, schwelgte das 1991er-Album „Achtung Baby“ in europäisch-postmodernem Durcheinander und Lärm. Passend dazu präsentierte die „Zoo TV“-Tour von 1992–93 Dutzende Bildschirme mit rasend schnellen Aufnahmen und unterschwelligen Botschaften. Bono schlüpfte in einen Charakter, den er „The Fly“ nannte und dessen Markenzeichen aus überdimensionalen Sonnenbrillen und Vinylhosen bestand. „‚Achtung Baby‘ war eine Art Statement: ‚Okay, ihr wollt berühmt sein? Dann entwickeln wir jetzt den richtigen Rockstar und haben Spass dabei‘“, erklärte Bono in einem Interview mit Zane Lowe 2017. „Vielleicht sind wir dabei ein wenig übers Ziel hinausgeschossen, denn diese Lackhosen liessen sich wirklich schwer ausziehen.“ Ganz egal, ob U2 nach dem Erfolg von „The Joshua Tree“ und der ernsten Tour-Dokumentation „Rattle and Hum“ von 1988 in ihrem eigenen Hype schwelgten oder ihn ablehnten: Die „Zoo TV“-Tour veranschaulicht den Sinn für Humor einer Band, die bereits für so ziemlich alles andere berühmt war.