Das Royal Liverpool Philharmonic Orchestra beansprucht stolz für sich, das älteste noch existierende Orchester Großbritanniens und eines der ältesten der Welt zu sein. Wahrscheinlich stimmt das, denn seine Ursprünge gehen auf eine Konzertgesellschaft zurück, die 1840 gegründet wurde, um die „Wissenschaft und Praxis der Musik“ zu fördern. Im Laufe der folgenden Jahrzehnte erlebte die Gesellschaft eine Berg- und Talfahrt, aber es gelang ihr, Starsolist:innen wie Clara Schumann und Sergei Rachmaninow sowie Stardirigenten wie Max Bruch für sich zu gewinnen. Und während des Zweiten Weltkriegs, als andere Orchester sich zurückzogen oder ganz auflösten, traf das RLPO die mutige Entscheidung, das Gegenteil zu tun: Es nutzte die plötzliche Flut an verfügbaren Musiker:innen, baute seine Aktivitäten aus und wurde zu einer festen Institution, mit Malcolm Sargent als Chefdirigent. Bis 1945 war es das wohl beste Orchester Großbritanniens, das es sich in seiner eigenen Art-déco-Halle – mit guter Akustik und einer einnehmenden Nähe zum Publikum – gemütlich gemacht hatte und darauf hinarbeitete, eine eindrucksvolle Zukunft nach dem Krieg aufzubauen. Unter dem Dirigat von beispielsweise John Pritchard, Charles Groves, Vernon Handley und in jüngster Zeit Vasily Petrenko hat das RLPO eine hervorragende Diskografie mit kompletten Sinfonien von Vaughan Williams, Pjotr Iljitsch Tschaikowski und Dmitri Schostakowitsch zusammengetragen. Und die einzigartige Beziehung zu seiner Heimatstadt führte zu Projekten wie der Uraufführung von „Paul McCartney’s Liverpool Oratorio“ (1991), das internationale Aufmerksamkeit erregte. Seit 2021 ist der Venezolaner Domingo Hindoyan Chefdirigent des Ensembles.