THE END OF EVERYTHING

THE END OF EVERYTHING

Selten erscheinen Popstars von Anfang an als voll ausgereifte Künstlerinnen oder Künstler. Noah Cyrus könnte da eine Ausnahme sein. Als Tochter von Billy Ray Cyrus und Schwester der vielseitigen Miley Cyrus ist die 20-jährige Noah eine Summe ihrer familiären Einflüsse – ein bisschen Country, ein bisschen Rock ‘n‘ Roll –, vor allem aber ganz sie selbst. Mit dem ambivalenten Emo-Pop der „Good Cry“-EP von 2018 verarbeitete der Generation Z-Abkömmling des Cyrus-Clans die Nöte des Erwachsenwerdens. Ihre zweite EP „THE END OF EVERYTHING“ ist dagegen durchzogen von Herzschmerz und Existenzialismus und zeigt Noah von ihrer nachdenklichen Seite. „Wenn du eine junge Frau und eine Newcomerin bist, versuchen dir viele Leute zu sagen, was du tun und wie du sein solltest“, erklärt Cyrus gegenüber Apple Music ihren musikalischen Reifeprozess. „Ich habe festgestellt, dass ich nicht glücklich werde, wenn ich nicht meine Meinung sage. Und so hörst du hier einfach mich und meine Freunde in einem Raum. Ich glaube sogar, dass keiner der Songs gemastert ist.“ Also legt sie alles offen: Im Opener „Ghost“, einer von Lana Del Rey inspirierten Elektropop-Ballade sowie im spirituellen „I Got So High That I Saw Jesus“ und im schwermütigen Twang von „Young & Sad“, die beide ihre Nashville-Einflüsse zeigen. Das nach der beliebten US-Sitcom „Wunderbare Jahre“ benannte „Wonder Years“, eine Hip-Hop-Zusammenarbeit mit Ant Clemons, bedient sich eines Samples des Beatles-Klassikers „With a Little Help From My Friends“. „Diese Musik ist so, wie beim Autofahren einen wunderschönen Sonnenuntergang zu sehen“, so Cyrus. „Es ist die Musik, die ich höre, wenn ich die Verbindung zu meinem Innersten suche.“ Hier stellt Noah jeden Track ihrer EP einzeln vor.Ghost„‚Ghost‘ hatte ich seit 2018 in der Schublade. Ich habe ihn auf Bali zu Ende geschrieben. Die meisten Songs sind die Demo-Versionen aus dem Studio, was sich sehr besonders anfühlt. ‚Everybody knows a hand to hold is all we need‘ ist meine Lieblingszeile – denn das war oft alles, was ich brauchte. Deshalb ist dieser Song aus meiner Sicht nicht unbedingt romantisch. Ich denke da an meine Familie, die immer für mich da war, wenn ich mich richtig schwach und down fühlte.“I Got So High That I Saw Jesus„Wir [ich und Songwriter Peter Harding] haben diesen Song nicht für eine bestimmte Glaubensrichtung oder Religion geschrieben. Er ist für alle und jeden bestimmt. Es geht auch nicht konkret darum, sich Marihuana reinzuziehen. Ich erkläre einfach meine Erfahrung damit, denn: Ja, es gab Zeiten, in denen mir solche Substanzen eine Art Selbsterkenntnis gebracht haben, Momente der Erleuchtung, dass ich mir bestimmter Dinge bewusst werden muss. Wir durchlaufen gerade eine sehr schwierige Zeit auf diesem Planeten, so dass ich wirklich zu meinen Wurzeln zurückkehren und so sehr nach Nashville klingen wollte, wie möglich.“Liar„Dieser Song entstand am Klavier. Ich habe über mich selbst nachgedacht und erkannt, dass ich Mist gebaut habe. Jeder baut mal Mist. Also war dieses Lied meine Chance zu sagen: ‚Hey, ich habe darüber nachgedacht und es tut mir leid. Ich hoffe, du hörst das hier, und damit du es weisst: Es tut mir leid.‘ Aber es gibt verschiedene Bedeutungen von ‚Liar‘. Die Leute können es auch umgekehrt verstehen.“Lonely„Immer wenn du Harmoniegesang hörst, sind es Rollo [Songwriter Roland Spreckley] oder PJ [Harding] und ich. Ich liebe es, mit ihnen zu singen. Ich liebe das Zusammenspiel aus männlichen und weiblichen Harmonien. Auf ‚Lonely‘ sind es Rollo und ich. Als wir den Song schrieben, fanden wir eine Gemeinsamkeit darin, dass wir uns beide nicht wohl damit fühlen, wer wir sind. Der wirkliche Auslöser für die Idee war allerdings Therapie. Ich war im Büro meines Psychiaters, das war 2019. Ich war gerade von einer Tour gekommen und an einem Tiefpunkt. Wir sitzen also da, ich erkläre ihm, wie ich mich fühle, und er sagt: ‚Noah, es klingt, als ob du einsam bist.‘ Ich fing an zu heulen. Das einfach aus dem Mund von jemand anderem zu hören … Ich wusste nicht, was das richtige Wort war oder wie ich es beschreiben konnte. Das ist das Schlimme an einer Depression.“Young & Sad„Ehrlicher als hier kann ich nicht über meine geistige Gesundheit sprechen. Der Song beginnt mit einer Sprachnachricht, die ich eines Abends von meinem Dad bekam. Ich hatte eine schwere Zeit mit mir selbst. Mein Vater rief an, und es brach mir das Herz, ihn sagen zu hören, ich solle lächeln. Denn ich hatte das Gefühl, als ob mich niemand wirklich lächeln sehen wollte. Als ich den Song schrieb, lautete der Text anfänglich: ‚I want to be young and sad.‘ Aber das klang nicht richtig, weil es nicht stimmt. In der Musik wird Traurigkeit gerade zum grossen Thema. Ich will [Depressionen] aber nicht glorifizieren.“July„Wir waren auf Bali und ich schrieb über eine Beziehung, in der ich zweieinhalb Jahre steckte. Sie war sehr schwierig, mit psychischem Missbrauch und Manipulation. Wort für Wort erklärt ‚July‘ die komplette Beziehung. Es war so eine endlose Geschichte, und darum endet der Song auch mit einem Cliffhanger – ‚You remind me every day I’m not enough, but I still stay.‘ Es war hart, brachte aber etwas Positives hervor. Ich habe grosses Glück, sagen zu können, dass dieser Song in vielen Ländern Platinstatus erreicht hat. Das ist eine wunderschöne Erfahrung.“Wonder Years (feat. Ant Clemons)„Natürlich ist [‚The Wonder Years‘, in der deutschsprachigen Version ‚Wunderbare Jahre‘] eine legendäre TV-Serie, aber für [den Titelsong], diese Beatles-Melodie, bekommt man natürlich nur schwer die Rechte. Ich darf mich tatsächlich bei Paul McCartney bedanken, weil ich seine Zustimmung benötigte, um diesen Song zu machen. Als wir erfuhren, dass eine E-Mail von Paul McCartney persönlich gekommen war, in der er schreibt, dass dies eine tolle Interpretation des Songs sei und er sie lieben würde, hat mich das ehrlich aus den Socken gehauen. Ant ist für die Strophe zuständig und er geht ab. Es war echtes Teamwork.“The End of Everything„‚The End of Everything‘ ist mein Lieblingssong auf der EP. Ich habe ein Video namens ‚Timelapse of the Future‘ von John Boswell gesehen. Ein Freund hat es mir gezeigt. Er meinte: ‚Es ist ein Zeitraffer von Abermilliarden Jahren und zeigt, was mit der Erde und dem Universum passieren wird.‘ Alles wird enden. Es gibt so viel Angst und Hass in der Welt, aber auch so viel Liebe. Das muss man erkennen. Dieses Video hat mir das klargemacht. Ich brachte PJ dazu, das Video anzusehen, also kam er vorbei und spielte Gitarre und ich fing an zu singen: ‚Everyone you love is going to die.‘ Diese Zeile verschlägt dir den Atem, weil das der Teil ist, der am meisten schmerzt. Es ist wahr und sehr traurig, aber auch all die Dinge, die dir wehtun – auch diese werden vergehen.“

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