Okey Dokey II

Okey Dokey II

„Dr Chef isch wieder zrugg, B.L.I. doppel G!“ Ja, Bligg ist zurück im Rap-Business und liefert ab wie 2005. Als sein Mixtape „Okey Dokey“ erschien, war der in Zürich geborene Marco Bliggensdorfer längst kein unbeschriebenes Blatt in der Musikszene mehr – doch rückblickend betrachtet auch noch längst nicht an der Spitze seiner Karriere angekommen. Etliche Alben, musikalische Experimente, Chartplatzierungen, Mehrfach-Platinauszeichnungen und sieben Swiss Music Awards später kommt nun der lang versprochene Nachfolger: „Okey Dokey II“. Eine Hommage an den Vorgänger, Rückbesinnung auf alte Werte und gleichzeitig eine Weiterentwicklung. Doch warum jetzt? Und warum überhaupt? Im Interview mit Apple Music erzählt Bligg ausserdem von Schweizer Hip-Hop-Polizisten und klärt die Frage, wann wir mit „Okey Dokey III“ rechnen dürfen.Warum war es Zeit für „Okey Dokey II“? „Weil ich das meinen Fans damals in einem Beilageblatt der CD versprochen habe. Dort steht: ‚Okey Dokey II coming soon‘. Es hat jetzt 15 Jahre gedauert, die Leute sind mir auch im Nacken gelegen. Letzten Sommer hatte ich endlich mal wieder Zeit, in meinem Studio ein bisschen herumzuexperimentieren. Ich habe ein paar Beats ausgepackt, zwei, drei Skizzen, hab Freunde eingeladen und die sagten zu mir: ‚Was du hier eigentlich machst, ist Okey Dokey‘. Von der Seite hatte ich es gar nicht betrachtet.“Welche Unterschiede gibt es trotz dessen zum ersten Teil?„Bei der Produktion von Teil zwei war mir wichtig, die ursprünglichen Attribute aufrechtzuerhalten. Bei diesen Mixtapes erlaube ich es mir, auch mal einen halben Song, Skits oder Intros zu machen. Ich erlaube mir, imaginäre Figuren zu kreieren, wie zum Beispiel ein komplettes Arschloch eines Labelbosses, der auf cineastische Art und Weise den Künstler runtermacht. Oder einen Hater, der mir auf der Strasse begegnet und mich dumm anquatscht. Mir war wichtig, dass im Grundton der Sound von damals auftaucht. Es gibt zwei, drei Nummern, die den Sound von heute aufgreifen. Ich würde es keine Trap-Songs nennen, aber ein bisschen spielen sie mit dem Zeitgeist. Es gibt auch 90er-Jahre- und Westcoast-orientierte Songs, zum Beispiel ‚Bromanze‘. Der klingt wie so ein alter Dr. Dre- oder The Game-Track. Savas ist bei der Fortsetzung nicht dabei. Die Zusammenarbeit war angedacht, dann kam Corona …“Aber du hast sehr viele andere Featurings auf dem Album.„Das sind alles Freunde, die kommen bei mir vorbei, wir gehen kurz ins Studio und machen einen Refrain. So läuft das. Sehr chaotisch. Marc Sway ist mit drauf. Und ‚S’Paradies‘ ist mit Naomi Austero – das ist ein Song mit einem Fan. Ich habe 2019 bei einer Show vor ein paar Tausend Leuten gefragt, wer Bock hätte, auf die Bühne zu kommen. Und da haben so ein paar Girls geschrien: ‚Nimm sie, nimm sie, sie kann megagut singen.‘ Naomi hat dann einen Refrain von Rihanna gesungen und das Publikum ist durchgedreht. Die ist 17 Jahre jung. Und ich hab dann gefragt: ‚Soll ich sie mal ins Studio holen?‘ Das hab ich dann tatsächlich gemacht. Später schickte sie mir Fotos aus dem Jahr 2010, wo sie als kleines Mädchen bei einer Autogrammstunde von mir zu sehen ist.“Du bist inzwischen selbst Vater. Hat sich das auf deine Musik ausgewirkt?„Es ist nicht so, als hätte ich früher irgendwelche Explicit-Texte geschrieben und heute nicht mehr. Ich spiele mit Battle-Rap, ich komme von da. Aber mein Credo war immer: Ich will meine Musik eines Tages meinen Kindern zeigen können, ohne dabei ein schlechtes Gefühl zu haben. Dementsprechend muss ich keinen meiner Texte vor meinen Kindern verstecken.“Ist dein Sohn ein Bligg-Fan?„Für den ist das normal. Der schaut gar nicht hin, wenn ich irgendwo in der Zeitung bin. Aber … auf ‚Okey Dokey‘ hatte ich damals einen kleinen Gast als Host: mein Patenkind Naomi, die war dreieinhalb. Da sie mittlerweile 20 und eine Frau ist, hat sie nicht mehr diese kindliche Stimme. Und so kam es, dass mein Sohn das jetzt bei ‚Okey Dokey II‘ gemacht hat. Und auf dem Track ‚Was jetzt!?‘ ist er auf dem Hook dabei: Da steht ‚feat. Lio‘ – das ist mein Kleiner.“Startet er also auch die grosse Musik-Karriere?„Ich hoffe es nicht.“ [lacht]In „B.L.I. DOPPEL G“ heisst es: „Schwiizer Rap sitzt ufem Poschte vo de Hip-Hop-Polizei“. Erklär das mal ein bisschen genauer.„Rap in der Schweiz war in den letzten 15 Jahren sehr dogmatisch unterwegs: Was nicht so geklungen hat, hatte keine Daseinsberechtigung. Anstatt dass man sich gegenseitig raufgeholfen hat, hat man sich gegenseitig aufgefressen. Ich hab irgendwann den Abgang gemacht, mein eigenes Ding durchgezogen und die jüngere Szene beobachtet. Die Hip-Hop-Polizisten, die immer auftauchen, sobald man nur einen poppigeren Hook hat – was dem Genre gut tut – schrien dann: ‚Keep it real! Keep it real!‘ Das ging mir irgendwann auf die Nerven, weil es die künstlerische Tätigkeit der Leute unterbindet. Die haben dauernd ein Korsett an und sind damit beschäftigt, ‚real‘ zu sein. Das kostet so viel Energie. Wenn sie diese Energie stattdessen in ihre Musik stecken würden ...“Was war für dich der herausforderndste Song?„Ich glaube, ‚Sorry Mama‘. Es ist das erste Mal, dass ich für ein Album so viel übers Netz zusammengearbeitet habe. Ich komme aus einer Zeit, in der man die Leute im Studio trifft. Hier war alles ein bisschen lockiger und flockiger und schneller. Sehr interessant, mich da zu beobachten. Marc Sway ist als Duettpartner dabei. Die Zeichen stehen gut, dass das ein grosser Hit werden könnte. Da standen wir auch vor der Entscheidung: Deckt sich das überhaupt noch mit der Philosophie dieses Projekts? Mein Anspruch ist nicht, mit dem Album sehr, sehr erfolgreich zu sein. Es ist in erster Linie ein Spassprojekt, so sehe ich das.“Kannst du den Gedanken an potenziellen Erfolg beim Schreiben wirklich ausschalten? Es wünscht sich doch jeder, dass seine Musik erfolgreich wird.„Klar will man das. Die ganze Musikgeschichte lebt ja davon, dass man das macht, was den Leuten gefällt. Das heisst nicht, dass man sich anbiedern muss. Ein sehr komplexes Thema. All diese Kids, die jetzt die Playlisten analysieren und Songs nach genau diesem Baukastenschema machen, gehen zu 100 % in diese Richtung. Da gibt es alte Hasen wie mich, die das nicht machen, aber trotzdem ein Ohr dafür haben, was für Sachen gerade angesagt sind. Ich finde, ich darf ein bisschen mit dem aktuellen Sound spielen. Was ich aber nicht gern sehe, sind Künstler, die krampfhaft versuchen, jung zu sein.“Zuletzt noch die Frage aller Fragen: Gibt es mit „Okey Dokey II“ das Versprechen zu „Okey Dokey III“?[Lacht] „Nein, so weit geh ich nicht.“

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