Ein posthumes Album zu produzieren, ist alles andere als leicht. Für Fans ist es oft schwer zu erkennen, welche Vision der:die Kreative hatte – und was nach dessen:deren Tod von den beteiligten Produzent:innen ergänzt wurde. Im Falle der verstorbenen Hip-Hop-Legende DMX hatten die Anhänger:innen des New Yorkers jedoch nichts zu befürchten. „Alle Songs waren vor seinem Tod fertiggestellt“, sagt sein langjähriger Freund, Mitarbeiter und ausführender Produzent des „Exodus“-Albums Swizz Beatz im Gespräch mit Apple Music. „Das Album wurde aufgenommen, als er noch lebte. Ich weiß, die Leute reden vom ,Album, nachdem er von uns gegangen ist’, aber in Wirklichkeit hat er das Album gemacht, bevor er starb.“ Auf „Money Money Money“ sollte eigentlich Pop Smoke mit dabei sein, aber ein Leak zwang Swizz dazu, den Plan zu ändern und Moneybagg Yo mit ins Boot zu holen. Davon abgesehen klingt „Exodus“ genau so, wie Earl Simmons es sich erdacht hat. Als einer der bedeutendsten MCs schafft er Platz für all die Stimmen, die er verehrt, und bleibt dabei jenem Prinzip treu, das er seit Anbeginn verfolgte: auf seinen Platten seine Seele zu entblößen. „Er hat den Leuten echte Musik gegeben“, sagt Swizz. „Einen Blick aus der ersten Reihe auf sein Leben, denn er liebte seine Fans, er liebte seine Leute und genau darum ging es ihm. Er fühlte sich wohl. Ich finde, dass alle Künstler:innen irgendwann in ihrem Leben den Punkt erreichen sollten, an dem sie nicht mehr angeben und von realen Dingen erzählen, die in ihrem Leben passieren und davon, was sie durchmachen. Und all das sollte ungeschnitten sein – genau wie Dog das auf dieser Platte getan hat.“ In den folgenden Zeilen führt Swizz uns Song für Song durch das musikalische Testament seines Freundes – der Ikone DMX.That’s My Dog (feat. THE LOX & Swizz Beatz)Es war wichtig, direkt die Stimmung für den Rest des Albums festzulegen. Es ist ein authentisches, kuratiertes Werk und wir beide waren seit zwölf Jahren nicht mehr gemeinsam im Studio. Der erste Rapper, den du auf dem Album hörst, ist Jadakiss. Er gibt die Richtung vor, in die wir gehen. Es geht nicht darum, herumzuspielen.Bath Salts (feat. JAY-Z & Nas)Wir wollten von Anfang an Druck ausüben – und die Hörer gleichzeitig auf eine Reise mitnehmen. Bei Hov und Nas wissen die Leute, was sie erwartet – verstehst du, was ich sagen will? Dogs Out (feat. Lil Wayne & Swizz Beatz)Wayne sprach von X immer in den höchsten Tönen – als er noch lebte und nachdem er starb. Wenn man bei YouTube nachschaut, sieht man, wie Wayne ihn im [Nachtklub] LIV in Miami Beach vorstellt. Auf einem seiner Konzerte, auf denen ich war, hat er ein ganzes Tribute über X gemacht. Die Leute sind ausgerastet.Money Money Money (feat. Moneybagg Yo)Ich wollte nicht, dass das Album nur Künstler aus der Zeit enthält, als X das erste Mal Musik veröffentlichte. Ich wollte – und er wollte das auch –, dass es die Energie von heute besitzt, weshalb Pop Smoke ursprünglich diesen Platz innehatte. Ich hatte den Beat ursprünglich sogar für ihn produziert. Pop Smoke meinte: „Ich will etwas, das wie X klingt.“ Und dann, ich glaube aus Versehen oder wie auch immer, sind die Strophen an die Öffentlichkeit geraten und sie wurden schnell geremixt, also mussten wir den Song in letzter Minute anpassen. Der Song heißt „Money Money Money“, deswegen hatte ich das Gefühl, dass Moneybagg Yo perfekt dafür wäre und ich mag ihn zudem als Künstler. Als ich den Beat machte, musste ich etwas an „Stop Being Greedy“ denken. Das hat mich in diesen alten X-Vibe versetzt.Hold Me Down (feat. Alicia Keys)„Hold Me Down“ ist einer meiner Lieblingssongs – nicht nur weil meine Frau darauf zu hören ist, sondern auch deshalb, weil DMX so offen aus seinem Leben erzählt. Zu Beginn der zweiten Strophe rappt er: „I’m pulled in opposite directions, my life’s in conflict / That’s why I spit words that depict a convict.“ Und einen simplen Refrain zu haben, der nur sagt: „Halt mich fest“, ist alles, was X wollte. Er wollte festgehalten werden, von den Leute, die ihn lieben. Das war ihm wichtig. Skyscrapers (feat. Bono)Bono ist Familie für mich und ich hatte eine frühe Version des Tracks. Ich bat ihn um Erlaubnis, diese Version meinem Bruder zu geben, weil ich fand, dass der ihn verdient hatte – besonders bei dem Projekt, an dem wir arbeiteten. Gleich nachdem X ihn hörte, war er Feuer und Flamme. Und dann wurde es verrückt, denn Bono schrieb ihm: „Es ist eine Ehre, meine Stimme neben deiner zu haben“. Er hat ihm eine Zeichnung gemalt, ein Gedicht geschrieben und all so was – kurz bevor X starb. Es war ziemlich bewegend.Stick Up Skit (feat. Cross, Infrared & Icepick)Das ist der späte und großartige Icepick Jay, der [2017] starb. Er hat eine Menge Skits gemacht und dieser Song ist eine Hommage an ihn. Es hat einfach gepasst und wir konnten kein Album ohne Skits haben.Hood Blues (feat. Westside Gunn, Benny the Butcher & Conway the Machine)Griselda und DMX waren Fans voneinander. X mochte sie, weil sie echt hart waren. Und sie waren Fans von X, also war das ziemlich einfach. Um ehrlich zu sein: Diesen Track hat X alleine gemacht. Ich habe einfach den Beat geschickt und sie haben ihr Ding durchgezogen.Take Control (feat. Snoop Dogg)Snoop und DMX wussten, dass sie nach „Verzuz“ noch einmal etwas gemeinsam machen wollten. X und ich haben den Song aufgenommen und wir dachten uns, „Yo, Snoop würde auf dem hier echt gut klingen.“ Das ist Marvin Gaye mit „Sexual Healing“ – es war also klar, dass wir hier alles richtig machen mussten. Ich liebe den Track. Er verströmt den „How's It Goin’ Down“-Vibe.Walking In The Rain (feat. Nas, Exodus Simmons & Denaun)[DMXs Sohn] Exodus war oft im Studio dabei. Er liebte „Walking In The Rain", fing einfach an den Song zu singen und war direkt im Takt. Es war wunderschön, das zu sehen.Letter To My Son (Call Your Father) [feat. USHER & Brian King Joseph]DMX zog mich in die Ecke und sagte: „Ich lasse dich das jetzt hören.“ Ich habe den Song akustisch gehalten, damit man jedes Wort versteht, aber fehlte es noch etwas. Dann kam USHER ins Studio und hat das daraus gemacht, was er daraus gemacht hat. Ich habe mich dazu entschieden, dass die Musik den Leuten etwas Raum zum Nachdenken lassen soll, sodass die Worte einen nicht überrennen – das passt auch nicht zu X. Er sagte, was er sagte. Und es war wunderschön.PrayerDas war live beim Sonntagsgottesdienst von Kanye. Es war das letzte Gebet von X. Deshalb haben wir es da drauf gepackt. Es gab ein weiteres, bei dem er gerappt hat, aber dieses hier fühlte sich einfach passender an. Er war der Meister der Gebete.